Was geschah am 12.12. im Jahr ...

1945

Das Koordinierungskomitee des Kontrollrats beschließt auf seiner 26. Sitzung die Errichtung einer Auskunftsstelle über die Toten und Vermißten der ehemaligen deutschen Wehrmacht.
Ferner bevollmächtigt es die Alliierte Kommandantur, die Lebensmittelzuteilung der Kartengruppe V für die Einwohner Berlins von 1248 auf 1500 Kalorien zu erhöhen.

Die Alliierte Kommandantur ordnet mit BK/O (45) 261 an, daß dem Magistrat 200 Tonnen Getreide zur Durchführung einer Großaktion für die Bekämpfung von Ratten zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten dieser Aktion tragen die vier Besatzungsmächte.

Mit BK/O (45) 265 beauftragt die Alliierte Kommandantur den Oberbürgermeister, die zahlenmäßige Stärke des Feuerwehrpersonals auf die von ihr genehmigte Zahl von 1000 Mann herabzusetzen und ihr eine Erklärung abzugeben, aus welchem Grunde die genehmigte Zahl von 1000 überschritten wurde.

1946

(5.) Ordentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin.
Der Stadtverordnetenvorsteher gibt vor Eintritt in die Tagesordnung eine Anordnung der Alliierten Kommandantur BK/O (46) 438 bekannt. Die Fraktion der CDU zieht daraufhin den von ihr gestellten Leiter für die Abteilung Kämmerei, Dr. Otto Ernst, von seinem Posten zurück. Im Anschluß daran gibt Oberbürgermeister Dr. Ostrowski bekannt, daß der bisher amtierende Magistrat die Amtsgeschäfte übergeben und der neue Magistrat sie bereits übernommen hat.
Die Versammlung wählt einen Wirtschaftspolitischen Ausschuß und vertagt Wahl und Vereidigung des Stadtrats für die Abteilung Banken und Versicherungen.
Die Versammlung berät Anträge der Fraktionen der SPD, SED, CDU und Eingaben des FDGB, die den Erlaß eines Gesetzes zur Kommunalisierung von Konzernen (SPD), zur Enteignung von Kriegsverbrechern, Naziaktivisten usw. (SED, FDGB) sowie zur Vorbereitung einer deutschen Gemeinwirtschaft (CDU) vorsehen, und beschließt ihre Weiterbehandlung auf der nächsten Stadtverordnetensitzung.
Der Stadtverordnetenvorsteher weist den Versuch des FDGB zurück, durch Vorlage eigener Gesetzentwürfe sich als unmittelbarer Antragsteller in die Arbeit des Parlaments einzuschalten. Die Entwürfe des FDGB sind gemäß § 27 der Vorläufigen Geschäftsordnung nicht als Anträge, sondern als Eingaben zu behandeln. Sie werden daraufhin von der Fraktion der SED als eigene Anträge übernommen.
Die Sitzung trägt erstmalig den Charakter einer reinen Arbeitstagung. Die Parteien bemühen sich, der schweren sozialen Problematik der Anträge, die auf grundlegende Neugestaltung des Berliner Wirtschaftslebens zielen, in sachlicher Debatte gerecht zu werden.

Konstituierende Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Mitte.

1. Sitzung der neugewählten Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Zehlendorf.
Die Versammlung wählt Dr. Werner Wittgenstein (CDU) zum Bezirksbürgermeister und Carl Schott (SPD) zu seinem Stellvertreter. Die Vertreter der SED verzichten auf das ihnen angebotene Amt für Bau- und Wohnungswesen, obgleich sie im Wahlkampf die Wohnungsbaufragen in den Vordergrund gestellt hatten.
Als Vertreter der amerikanischen Militärregierung ist Major Burnham anwesend.

Auf einer Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft der Frauen im Kulturbund fordert die Berliner Pädagogin Frau Dr. Torhorst den Zusammenschluß der deutschen Frauen, lehnt aber die Schaffung einer Frauenpartei wegen Isolierungsgefahr ab.

Auf einer Besprechung zwischen dem Berliner Polizeipräsidium, dem Kommando der Schutzpolizei und dem Hauptschulamt wird beschlossen, zur Vermeidung der hohen Zahl von Verkehrsunfällen, an denen Kinder beteiligt sind, in allen Berliner Schulen als neues Unterrichtsfach "Verkehrserziehung" einzuführen.

Aufruf von 30 Berliner Intendanten und Schauspielern zur Gründung einer Volksbühne.

1947

Die britische Regierung lehnt die Einreiseanträge der aus 17 Mitgliedern bestehenden Volkskongreßdelegation mit der Begründung ab, daß die Frage der deutschen Vertretung vor dem Außenministerrat noch ungeklärt ist.

80. Sitzung der Alliierten Kommandantur.
Den Vorsitz führt der am 1. Dezember 1947 wieder mit seinem früheren Rang in die Armee zurückberufene Vertreter der amerikanischen Militärregierung Oberst Frank L. Howley, der zugleich als Stadtkommandant die Nachfolge des Brigadegenerals William Heskath antritt.
Die Kommandanten erörtern erheut das 14-Punkte-Programm des sowjetischen Stadtkommandanten, Generalmajor Kotikow.
Sie einigen sich über eine Anzahl von Punkten, die dem Oberbürgermeister zur Bekanntmachung zugeleitet werden sollen. Zu den Punkten, die auf den Widerspruch der westlichen Kommandanten stoßen, gehören der Vorschlag auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit, der nach ihrer Auffassung nicht auf dem Wege einer starren und einheitlichen Gesetzgebung zu lösen ist, sowie der Vorschlag der zusätzlichen Bereitstellung von Lebensmitteln für die Berliner Arbeiter, der nach ihrer Meinung nur durchgeführt werden kann, wenn genügend Vorräte zur Verfügung stehen. Im Zusammenhang damit bedauern die westlichen Kommandanten, daß die sowjetischen Behörden die Ausgabe von Zusatzrationen in ihrem Sektor nur auf die Arbeiter beschränken, die für sie produzieren, obschon die ganze Stadt Not leide und jeder zur Verfügung stehende Überschuß an Nahrungsmitteln in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Viermächteverwaltung gleichmäßig über ganz Berlin verteilt werden müsse. Die Forderung, daß der FDGB die Verteilung von Gebrauchsgütern übernehmen solle, wird von den westlichen Kommandanten mit dem Hinweis abgelehnt, daß dies eine Aufgabe der Stadtverwaltung sei.
Die Kommandanten besprechen ferner das Anwachsen der Nahrungsmitteldiebstähle und kritisieren im Zusammenhang damit das Versagen der deutschen Justiz.
Sie beschließen ferner zur weiteren Durchführung der Proklamation Nr. 3 des Kontrollrats über die Aufhebung diskriminierender Gerichtsurteile des nationalsozialistischen Regimes (vgl. Schriftenr. Bln. Zeitgesch., Bd. 1., 20.10.1945), eine ausführliche Anweisung an den Oberbürgermeister zu senden.
Der britische Stadtkommandant protestiert gegen die Behinderung der Teilnahme britischer Offiziere an der Tagung der CDU und bezeichnet sie als einen Verstoß gegen die Abmachungen der Viermächteverwaltung von Berlin, in denen grundsätzlich festgelegt worden sei, daß Vertreter jeder Besatzungsmacht an den in Groß-Berlin stattfindenden politischen Konferenzen teilnehmen dürfen. Der sowjetische Stadtkommandant, Generalmajor Kotikow, weist demgegenüber darauf hin, daß die Tagung der CDU eine Zonenkonferenz war.

Der Rat der Bezirksbürgermeister bedauert, daß die Amtsenthebung von Frau Bezirksbürgermeister Ella Kay erfolgte, ohne daß dem Oberbürgermeister, der die Dienstaufsicht führt, und den politischen Kontrollorganen eine Möglichkeit der Untersuchung gegeben worden ist. Darin wird eine Beeinträchtigung der demokratischen Rechte der verfassungsgebenden Organe Berlins erblickt.

Auf einer Großkundgebung der Berliner SPD in der Neuen Welt, Hasenheide, protestieren die Sprecher, der Stadtverordnetenvorsteher Dr. Suhr, der amtierende Oberbürgermeister von Berlin, Frau Schroeder, der Landesvorsitzende Franz Neumann und der zweite Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Erich Ollenhauer, gegen die Amtsenthebung des Bezirksbürgermeisters von Prenzlauer Berg, Frau Ella Kay. Die Redner verlangen übereinstimmend die Wahrung der Grundsätze demokratischer Selbstverwaltung und fordern ein Besatzungsstatut zur Klärung der Rechtsverhältnisse zwischen deutschen Behörden und den Besatzungsmächten.

Der ständige Ausschuß des Volkskongresses, der durch Alexander Abusch (SED) und Friedrich Ebert (SED) ergänzt wird, wählt auf seiner konstituierenden Sitzung zu Vorsitzenden Wilhelm Pieck (SED), Dr. Wilhelm Külz (LDP) und Otto Nuschke (CDU). Zu der geplanten Delegation für die Londoner Außenministerkonferenz tritt als weiteres Mitglied der Präsident des Kulturbundes, Johannes R. Becher (SED).
Dem ständigen Sekretariat, das seinen Sitz im Haus der Zentralverwaltungen der sowjetischen Besatzungszone hat, gehören unter anderem an: Erich Gniffke (SED), Walther Ulbricht (SED), Friedel Malter (SED), Otto Nuschke (CDU) und Arthur Lieutenant (LDP).

1948

In den westlichen Sektoren beginnt der Verkauf von Textilien auf Punkte der Seifenkarte (vgl. Schriftenr. Bln. Zeitgesch., Bd. 2, 19.11.1948).

Die Berliner Fußball-Stadtmannschaft verliert gegen die Stadtelf von Dresden im Poststadion 1:0.

1949

Die Alliierte Kommandantur teilt mit BK/L (49) 160 dem Magistrat mit, daß während der Dauer ihrer Kontrolle über die Polizei das Berliner Arbeitsgericht Urteile des Disziplinarrates der Polizei nicht revidieren kann (vgl. Schriftenr. Bln. Zeitgesch., Bd. 1, 2. Aufl., 3.11.1945).

35. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin.
Die Stadtverordneten beauftragen entsprechend einem Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion den Magistrat, noch vor dem Weihnachtsfest in Anlehnung an das Bundesrecht ein Amnestiegesetz für Groß-Berlin zu erlassen.

Auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion, ob der Magistrat bereit sei, die Berliner Werbe-Musterschau als für die Wirtschaftswerbung geeignete Organisation weiterhin ideell und finanziell zu fördern und ihre Zukunft durch verlorene Zuschüsse oder zinslose Darlehen zu sichern, antwortet Stadtrat Klingelhöfer, daß die Werbe-Musterschau vom Magistrat bisher immer unterstützt wurde. Es gehe aber nicht an, daß der Magistrat bei seiner gegenwärtigen finanziellen Lage das Unternehmen auf unbestimmte Zeit und mit unabsehbaren Mitteln fördere. Er befürwortet aber die Gewährung eines Kredits an die Werbe-Musterschau.

Stadtrat Dr. Hausmann berichtet den Stadtverordneten über die von der Abteilung Verkehr und Betriebe bisher durchgeführten oder vorbereiteten Maßnahmen zur Förderung des Fremdenverkehrs nach Berlin. Er lehnt die Einrichtung eines besonderen Werbeamtes ab, da sowohl beim Magistrat als auch bei der Wirtschaft die dafür erforderlichen Stellen vorhanden sind, deren Arbeit nur intensiviert oder koordiniert werden müßte. Es sei notwendig, der weitgehenden Unkenntnis im gesamten Westen über die tatsächlichen Verhältnisse in Berlin durch Aufklärung zu begegnen.

Die Stadtverordneten beschließen, der Deutschen Landesrentenbank, der Deutschen Rentenbank-Kreditanstalt und der Deutschen Siedlungsbank rückwirkend für die Monate Juli und August 1949 einen Zuschuß von 80 000 DM zu gewähren. Außerdem wird der Magistrat ermächtigt, den drei Banken im Rechnungsjahr 1949 einen Kredit in Höhe von 200 000 DM einzuräumen und alsbald mit der Bundesregierung eine Vereinbarung über die weitere Finanzierung der drei Banken zu treffen.

Auf Vorschlag des Hauptausschusses bewilligen die Stadtverordneten 25,5 Millionen DM als Barunterstützungen einschließlich Mietbeihilfe für Wohlfahrtsempfänger und 100 Millionen DM als überplanmäßige Ausgabe für die Arbeitslosenunterstützung.

Die Stadtverordneten beschließen, für Berlin die von der Selbstkontrolle der deutschen Filmwirtschaft getroffenen Entscheidungen anzuerkennen. Gleichzeitig wird der Magistrat beauftragt, den Anschluß Berlins an die Einrichtungen der Selbstkontrolle zu vollziehen und die ständige oder zeitweise Übersiedlung eines der bestehenden Prüfungsausschüsse nach Berlin anzustreben. Die Berliner Vertreter bei der Selbstkontrolle erhalten den Auftrag, in besonderer Weise die Belange des Berliner Filmwesens zu vertreten.

Sie stimmen dem Gesetz über die Vereinigungen der Sozialversicherungsärzte, Sozialversicherungszahnärzte und Sozialversicherungsdentisten von Groß-Berlin zu.

Einstimmig wird das Gesetz über die Aufhebung des Lohnstops beschlossen, durch das eine Reihe der zur Regelung der Lohn- und sonstigen Arbeitsbedingungen getroffenen gesetzlichen Bestimmungen aus der nationalsozialistischen Zeit außer Kraft gesetzt werden. Die Alliierte Kommandantur hatte bereits durch BK/O (49) 131 ihre Anordnungen über die Lohnzahlungen BK/O (45) 43 und BK/O (46) 14 (vgl. Schriftenr. Bln. Zeitgesch., Bd. 1, 2. Aufl., 27.8.1945, 14.1.1946) aufgehoben. Bis zu einer neuen tariflichen Regelung, jedoch nur bis zum 30. Juni 1950, müssen Vereinbarungen, in denen ungünstigere, bisher den Lohnstopbestimmungen unterliegende Arbeitsbedingungen vereinbart werden, als bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vertraglich oder behördlich festgelegt waren, von der Arbeitsbehörde genehmigt werden. Vor der Entscheidung sind die Gewerkschaften und die wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber zu hören.

Die Stadtverordneten lehnen einen Antrag der CDU-Fraktion ab, nach dem ab 1. Dezember 1949 die Versicherungsanstalt Berlin (VAB) keine Pflichtbeiträge mehr von Angehörigen der selbständigen und freischaffenden Berufe erheben darf. Die Sprecher der SPD-Fraktion, Frau Bürgermeister Schroeder, Stadtrat Fleischmann und die Stadtverordneten Bach und Scharnowski, weisen darauf hin, daß die Versicherungspflicht bei der VAB auf gesetzlicher Grundlage beruhe und daher ein Teil der Versicherten nicht durch eine Satzungsänderung, sondern nur durch ein Gesetz aus der Versicherungspflicht herausgenommen werden könne. Außerdem sei ohne einen Ausgleich der Risiken eine gesundheitliche Versorgung der gesamten Bevölkerung durch die VAB unmöglich.
Auf Antrag der FDP-Fraktion ersucht die Stadtverordnetenversammlung den Magistrat, auf die VAB einzuwirken, ihr alle ab 1. Februar 1949 erfolgten Satzungsänderungen zur Kenntnis zu bringen.

Die Kreisdelegiertenkonferenz der SPD im Bezirk Prenzlauer Berg im sowjetischen Sektor löst sich selbst auf, als der stellvertretende Reviervorsteher des 66. Polizeireviers von Ostberlin darauf besteht, der Versammlung beizuwohnen, um das Referat des SPD-Kreisvorsitzenden Joseph Braun zu überprüfen. Bevor sich die Versammlung auflöst, nimmt sie eine Resolution an, in der sie scharf gegen den Versuch der Polizei protestiert, das Versammlungsleben der SPD im Bezirk Prenzlauer Berg unter ständige Aufsicht und Bevormundung zu bringen, vor allem aber gegen das allen demokratischen Grundsätzen hohnsprechende Verfahren, Funktionäre aus angezeigten Versammlungen heraus ohne Grund und rein willkürlich zu verhaften. Die Kreisdelegiertenversammlung stellt fest, daß diese Methoden eine drastische Illustration zu den heuchlerischen Versuchen der SED darstellen, eine sogenannte Aktionseinheit der Arbeiterklasse herzustellen.

1950

Die Alliierte Kommandantur erläßt mit BK/O (50) 104 neue Bestimmungen über die unentgeltliche Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel durch Angehörige der Besatzungsstreitkräfte. Danach dürfen Mitglieder der alliierten Truppen, die Uniform tragen oder sich entsprechend ausweisen, weiterhin die Verkehrsmittel der BVG und die S-Bahn unentgeltlich benutzen. Die beiden Verkehrsunternehmen werden hierfür künftig im Rahmen einer Übereinkunft zwischen den Besatzungsbehörden und der Abteilung Verkehr und Betriebe des Magistrats aus der Haushaltsstelle für Besatzungskosten entschädigt.

Mit BK/L (50) 172 beantwortet die Alliierte Kommandantur ein Schreiben des Graphischen Industrie-Verbandes Berlin. Sie teilt mit, daß sie zur Prüfung aller den Militärbehörden unterbreiteten Lizenzanträge für Presse- und andere Druckerzeugnisse einen deutschen beratenden Ausschuß für Lizenzfragen eingesetzt hat. Dieser Ausschuß erhielt die Anweisung, bei den von ihm über die einzelnen Anträge abzugebenden Empfehlungen, zu berücksichtigen, daß die Berliner Druckereien soweit wie möglich beschäftigt werden sollen.

Das Städtische Konservatorium Berlin, das frühere Stern'sche Konservatorium, feiert mit einem Festakt im Hotel Esplanade in der Bellevuestraße am Potsdamer Platz sein hundertjähriges Bestehen. Ansprachen halten der Direktor des Konservatoriums, Professor Dr. Hans Joachim Moser, und der Leiter der Abteilung Volksbildung des Magistrats, Stadtrat May.

Die Direktionen der Westberliner und Ostberliner Stadtentwässerung schließen ein Abkommen, in dem sie sich gegenseitig zu einer reibungslosen Zusammenarbeit bei der Aufnahme, Ableitung, Reinigung und Beseitigung der Abwässer verpflichten. Da die Ostberliner Stadtentwässerung jährlich etwa 100 Millionen Kubikmeter mehr Abwässer aus den Westsektoren abnimmt als umgekehrt, zahlt ihr die Westberliner Stadtentwässerung hierfür ab 1. Juli. 1950 jährlich einen Pauschalbetrag von 1,3 Millionen DM (West). Das Abkommen gilt zunächst bis zum 31. Dezember 1951 und verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, sofern es nicht mit dreimonatiger Frist gekündigt wird.

Der Schauspieler Adolf Wohlbrück kommt zum ersten Mal seit seiner Emigration aus Deutschland wieder nach Berlin, um am 14. Dezember der 100. Aufführung des Max-Ophüls-Films "Der Reigen" im Cinema Paris beizuwohnen, in dem er die Hauptrolle spielt.

1951

180. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Der Bundestag beschließt, gegen die Stimmen der KPD, das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe "Notopfer Berlin", die gemäß einer Empfehlung des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen in ihrer alten Form vorerst bis zum 31. März 1952 verlängert wird (vgl. Schriftenr. Bln. Zeitgesch., Bd. 3, S. 846, 14.12.1950, Nr. 34). Zur Begründung erklärt der Berichterstatter Dr. Hans Wellhausen (FDP), daß lediglich die Zeitnot zu dieser Zwischenlösung geführt habe; auch sollte am 1. Januar 1952 kein "gesetzloser" Zustand entstehen. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen werde die Beratungen über den Gesetzentwurf aber bis zum 31. März 1952 zum Abschluß bringen. Das veränderte Gesetz sieht eine soziale Staffelung der Notopfer-Abgabe vor, nach der Verheiratete und Unverheiratete ohne Kinder höhere und Familien mit mehr als zwei Kindern geringere Beträge zu zahlen haben.

1952

Die Bundesregierung billigt Organisation, Arbeitsweise und Zielsetzung des vom Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen berufenen Forschungsbeirats für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands. Anschließend gibt der Vorsitzende des Forschungsbeirats, Dr. Ernst, auf einer Pressekonferenz Einzelheiten über den Aufbau dieser Institution bekannt, der Vertreter der Parteien, der Gewerkschaften, des Bauernverbandes, der Arbeitgeberverbände, der Verkehrsverbände und des Deutschen Industrie- und Handelstages angehören. Die Grundlagen für die Tätigkeit des Beirats werden von Wissenschaftlern, die sich seit Jahren mit allen Aspekten des Lebens im sowjetischen Besatzungsgebiet und seines Verhältnisses zur Bundesrepublik befassen, und vom Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, dem Weltwirtschaftlichen Institut in Kiel und dem Wirtschaftsforschungsinstitut in München erarbeitet. Der Forschungsbeirat faßt keine Beschlüsse, sondern arbeitet an einer ständigen Analyse der Wirtschaftsentwicklung in der Sowjetzone als Grundlage für die im Falle einer Wiedervereinigung erforderlichen Sofortmaßnahmen. Neben dem Beirat wurden in den letzten Monaten in allen Bundesministerien Arbeitsstäbe gebildet, die die gleichen Fragenkomplexe behandeln und ihre Koordinierung durch den interministeriellen Ausschuß für Fragen der Wiedervereinigung erhalten.

Vertreter des Deutschen Sportbundes (DSB) und des sowjetzonalen Deutschen Sportausschusses unter Führung ihrer Präsidenten Willi Daume und Rudi Reichert (SED) beschließen im West-Berliner Hotel "Haus Gehrhus" die sofortige Wiederaufnahme des seit den Oberweseler Beschlüssen des DSB unterbrochenen gegenseitigen Sportverkehrs. Als Voraussetzung dazu werden in einer Resolution von beiden Seiten folgende Grundsätze anerkannt:

  1. Der gesamtdeutsche Sport wird im Sinne der olympischen Idee betrieben.
  2. Um jeden Mißbrauch der olympischen Idee und des Sports zu politischen Zwecken zu vermeiden, wird bei gemeinsamen sportlichen Veranstaltungen auf parteipolitische Reden, Ansprachen und Ausschmückungen verzichtet; außer der schwarz-rot-goldenen Flagge werden nur die Flaggen oder Wimpel der beteiligten Sportorganisationen gezeigt.
  3. Der freie Meinungsaustausch ist eine persönliche Angelegenheit der Sportler.
Nach Anerkennung dieser Grundsätze wird den Fachverbänden und Sektionen empfohlen, den gemeinsamen freien Sportverkehr uneingeschränkt ab sofort nach folgenden Richtlinien wieder aufzunehmen:
  1. Beginn von Verhandlungen zur technischen Durchführung des gemeinsamen Sportverkehrs.
  2. Abwicklung des Sportverkehrs nach den in Deutschland gemeinsam festgelegten, in Zweifelsfällen nach den internationalen Wettkampfbestimmungen.
  3. Siegerehrungen erfolgen im Rahmen der internationalen Amateurbestimmungen.
  4. Durchführung gesamtdeutscher Meisterschaften wird angestrebt.
Weiter werden folgende Grundsätze festgelegt:
  1. West-Berliner Sportler unterliegen im gesamtdeutschen Sportverkehr keinen Sonderbestimmungen. Im allgemeinen wird der Deutsche Sportausschuß seine bisherigen Bemühungen, den West-Berliner Sportlern Vergünstigungen zu verschaffen, fortsetzen.
  2. Presse und Rundfunk sollen die freundschaftlichen Beziehungen im gesamtdeutschen Sportverkehr fördern und in Zukunft von unberechtigten, persönlich herabsetzenden Äußerungen Abstand nehmen.
  3. Zur Verbesserung der Zusammenarbeit Austausch eines Artikels monatlich zwischen dem Deutschen Sportbund und dem Deutschen Sportausschuß zur Veröffentlichung in der Sportfachpresse.
  4. Der Deutsche Sportbund empfiehlt seinen Fachverbänden die Anerkennung des Anspruchs der Sektionen der "DDR" auf Aufnahme in die internationalen Fachverbände.
Diese Vereinbarung stößt in der West-Berliner Presse teilweise auf scharfe Kritik, die dem DSB vorwirft, in dem gewiß begrüßenswerten Bestreben, den einen oder anderen Faden im zerrissenen Deutschland gemeinsam zu spinnen, die Kompromißgrenze überschritten zu haben. Geradezu unverantwortlich aber sei das im letzten Punkt des Kommuniques enthaltene Zugeständnis; denn hier werde keiner Einigung der Weg geebnet, sondern die Spaltung Deutschlands durch den DSB sanktioniert. Da das Internationale Olympische Komitee nur jeweils ein Nationales Olympisches Komitee (NOK) einer Nation anerkenne, bedeute die Empfehlung des DSB, den Sektionen der "DDR" ihre Stimme zur Aufnahme in die internationalen Fachverbände zu leihen, daß dies auch auf die NOK's zutreffe. Setze sich das NOK der Bundesrepublik für die Anerkennung des NOK-Ost beim IOC ein, werde die "DDR" als selbständiger Staat respektiert.

Auf einer Sitzung der SED-Bezirksleitung Groß-Berlin behauptet ihr 1. Sekretär, Hans Jendretzky, daß sich die Bevölkerung West-Berlins täglich von neuem mit eigenen Augen davon überzeuge, wie "die Frontstadt-Politik der Reuter-Koalition ständig abwärts, der friedliche Aufbau im demokratischen Sektor hingegen unaufhaltsam aufwärts" führe. Im "nationalen Kampf für die demokratischen Rechte und Freiheiten und gegen die Verschlechterung der sozialen Lage der Bevölkerung" müsse dabei die einige Arbeiterschaft stehen, die den DGB als größte Massenorganisation in West-Berlin zu "ihrer schlagkräftigen Kampforganisation" zu machen habe. Denn bei einer organisierten Arbeit im DGB und entsprechenden Positionen klassenbewußter Arbeiter wäre es den "rechten DGB-Führern" nicht möglich gewesen, eine "reformistische Politik" zu führen und sich, wie im Fall der Streikandrohung bei der BVG, an die Spitze der Streikbewegung zu stellen, um sie dann "abzuwürgen". Unmißverständlich bestehe für "jeden Genossen als Parteiauftrag" die Verpflichtung, alle Arbeiter und Angestellten in West-Berlin als aktive Mitglieder für den DGB zu werben, seine ganze Kraft auf die Herstellung einer einheitlichen Kampffront innerhalb und außerhalb der Betriebe zu legen und keine Gelegenheit zu versäumen, um mit den "ehrlichen Sozialdemokraten" enge kameradschaftliche Beziehungen anzuknüpfen und mit ihnen für die gemeinsamen Interessen zu kämpfen, weil nur so "Erfolge im Kampf gegen die Adenauer-Reuter-Politik und gegen die Durchsetzung und Anwendung des Generalkriegsvertrages erreicht werden können".

1953

Der sowjetzonale Ministerrat erläßt "für die DDR und den demokratischen Sektor von Groß-Berlin entsprechend den Wünschen weitester Kreise der Bevölkerung" die "Verordnung über die Errichtung des Sporttoto" mit Sitz in Ost-Berlin. Die Gewinnausschüttung beträgt 55 Prozent; der Reinertrag soll zur Förderung des Sports verwandt werden (vgl. Schriftenr. Bln. Zeitgesch., Bd. 3, S. 332, 14.7.1949, Nr. 46 b).

1955

54. (Ordentliche) Sitzung des Senats von Berlin.
Der Senat stellt fest, daß alle Personen, die von ihm oder nachgeordneten Behörden als Vertreter des Landes Berlin in Ausschüsse, Kommissionen, Beiräte usw. der Verwaltung, in Organe von Körperschaften, Anstalten, Stiftungen, Gesellschaften des öffentlichen wie privaten Rechts entsandt wurden oder werden, an die Weisungen des zuständigen Senators oder der entsendenden Behörde gebunden sind, sofern sich nicht ihre Unabhängigkeit aus Rechtsvorschriften oder aus der besonderen Natur ihrer Aufgaben zwingend ergibt.

Dem Büro für Gesamtberliner Fragen weist der Senat folgende Aufgaben zu:

Der Senat beschließt, die zum Ausbau der Volksbücherei einzurichtende Autobücherei ausschließlich dem Bezirk Zehlendorf z. V. zu stellen.

Der Senat genehmigt
die Jahresberichte der BVG für 1949, die mit einem aus der Rücklage abzudeckenden Verlust von rd. 10,56 Mill. DM und für 1950 mit einem Gesamtverlust von rd. 26,57 Mill. DM abschließen, wovon 10,4 Mill. DM aus Haushaltsmitteln und der Rest aus der Rücklage abgedeckt werden, und
die Jahresberichte der GASAG für 1949 mit einem Verlust von rd. 3,6 Mill. DM sowie für 1950 und 1951, die mit einem Gewinn von 0,2 bzw. 3,8 Mill. DM abschließen.

Dem früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Dr. John, der - nach eigener Darstellung - am 20. Juli 1954 auf ungeklärte Weise in den sowjetischen Sektor geriet, gelingt mit Hilfe des dänischen Journalisten Bonde-Hendriksen die Rückkehr nach West-Berlin, von wo er nach kurzem Aufenthalt in Begleitung von Beamten des Berliner Verfassungsschutzamtes in die Bundesrepublik geflogen wird.
Während die Bundesregierung erklärt, daß sich Dr. John nach seiner Flucht der Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamtes zur Verfügung stellte und seine Vernehmung durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes noch andauere, berichtet ADN lediglich, daß er die DDR verlassen habe, um, wie er wiederholt geäußert hatte, den Kampf gegen den Neofaschismus in Westdeutschland fortzuführen.

Eine geplante Veranstaltung des "Stahlhelm" in einem Lokal in der Reinickendorfer Markstraße, von der seit längerem bekannt war, daß sie nicht stattfindet, wird von der SED dennoch dazu benutzt, nach tagelanger propagandistischer Vorbereitung eine Großdemonstration durchzuführen. Die Polizei zerstreut die Ansammlungen von etwa 1400 Personen am Oskarplatz im Wedding und in der Umgebung des Versammlungslokals mit Hilfe von Wasserwerfern und unter Einsatz von Schlagstöcken. Dabei werden insgesamt 377 Personen, davon allein 327 aus Ost-Berlin, vorübergehend festgenommen und zwei Polizeibeamte verletzt.

1957

6. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Gegen die SPD verabschiedet das Parlament nach mehrstündiger Debatte in zweiter und dritter Lesung das "Gesetz zur Einführung der Selbstverwaltung auf dem Gebiet der Sozialversicherung und Angleichung des Rechts der Krankenversicherung im Land Berlin (Selbstverwaltungs- und Krankenversicherungsangleichungsgesetz Berlin - SKAG Berlin)", das u. a. vorsieht:

Zuvor wurden Anträge der SPD abgelehnt, den Beitragssatz bis Ende 1958 noch bei 7 % zu halten, mit der Begründung, daß sich die Belastung der Krankenkassen durch die gegenwärtige Grippewelle und die Lohnfortzahlung an Arbeiter im Krankheitsfalle überall im Bundesgebiet auswirke und dies in Berlin nicht anders sein könne; das Gesetz auf die Einführung der Selbstverwaltung zu beschränken und die organisatorische Angliederung bis zur allgemeinen Reform des Leistungsrechts im Bund zurückzustellen.
Ein Antrag der DP, die Versicherungspflichtgrenze und die Beitragsbemessungsgrenze in Berlin schon jetzt an das im Bundesgebiet übliche System anzugleichen, verfiel ebenfalls der Ablehnung.

Bundestagspräsident Dr. Gerstenmaier protestiert im Namen des ganzen Parlaments entschieden gegen die von der Volkskammer beschlossenen Änderungen des Straf- und Paßgesetzes. Diese brutale Knebelung der Freizügigkeit bedeute eine unerträgliche Erschwerung der Aufrechterhaltung der menschlichen Beziehungen über die Zonengrenze hinweg und eine weitere Vertiefung der Spaltung Deutschlands. Der Bundestag verlange deshalb von den "Zonen"behörden, "den Deutschen dort das Reisen ebenso freizugeben, wie es für die Bewohner der Bundesrepublik seit langem selbstverständlich ist".

Auf einer von der Ost-Berliner Kammer der Technik veranstalteten Tagung über Berliner Verkehrsprobleme vermittelt Baumeister Kurt Thiele von der Deutschen Bauakademie in seinem Lichtbildervortrag "Probleme der Eisenbahn- und Schnellbahnplanung in Berlin" einen Überblick über verschiedene, sich noch im Stadium der Planung befindliche Projekte. Dabei bestehe in allen Fällen die Absicht, die Fernbahnhöfe so nahe wie möglich an das Stadtzentrum zu legen, um die Reisezeiten nicht unnötig zu verlängern und den städtischen Verkehr zu entlasten. Die vorhandenen Bahnanlagen ließen das ohne weiteres zu. Anhalter Bahnhof und Nordbahnhof als Kopfbahnhöfe, der Ostbahnhof und die Bahnhöfe Friedrichstraße und Zoo gestatteten, bei gewissen Erweiterungsbauten (so z. B. in der Nähe der Friedrichstraße zwischen Clara-Zetkin- und Mittelstraße durch eine zweite große Bahnhofshalle), einen reibungslosen Verkehr. Als mögliche Systeme für die Führung des Eisenbahnfernverkehrs über Berlin nennt Thiele: Stadtbahn und zwei Kopfbahnhöfe; Stadtbahn und Nord-Süd-Fernbahn (Verkehrskreuz); Ost-West-Bahn (gesamter Fernverkehr über die Stadtbahn); Führung des Fernverkehrs über den Nord- und Südring.
Vorläufig jedoch seien alle diese Projekte nur angedeutete Möglichkeiten, die sich erst in einem einheitlichen Berlin verwirklichen ließen.
Ferner spricht Thiele über den Ausbau des S- und U-Bahnnetzes. Als Projekte für die nächste Zukunft nennt er die Verlängerung der U-Bahnlinie A von Pankow/Vinetastraße nach Norden und den Bau der U-Bahnlinie F von Alexanderplatz nach Weißensee. Vorrangig werde jedoch auch weiterhin noch der Bau von Straßenbahnlinien sein, da die Baukosten je Kilometer bei der Straßenbahn nur fünf Prozent der Kosten beim Bau eines U-Bahn-Kilometers ausmachen.
Endziel sei die Schaffung eines Schnellbahnnetzes, das sich beispielsweise von Brandenburg bis Frankfurt/Oder und von Eberswalde über Bernau nach Luckenwalde erstrecke. Auf diesen Strecken müßten dann Geschwindigkeiten von über 120 km gefahren werden können.

Auf der Lanke-Werft in Spandau wird das erste einer Reihe von Tankschiffen, das in Berlin hergestellt wurde, der ESSO AG übergeben. Es ist 67 Meter lang, mit einem Motor von 750 PS ausgerüstet, hat eine Tragfähigkeit von rund tausend Tonnen und erhält den Namen "Tempelhof". Die ersten vier dieser Tankschiffe werden auf dem Rhein verkehren.

Vertreter des Senats, des Bundesverkehrsministeriums, der Bundesbahn, der BVG und der Industrie sowie Professoren der TU beschließen nach einer Besprechung, den Kreuzberger Bezirksbürgermeister Kressmann zu beauftragen, den Senat um Unterstützung der Pläne für die Wiedererrichtung eines Verkehrsmuseums zu bitten.
Die Initiative dazu geht von dem beim Kreuzberger Planungsamt beschäftigten Stadtinspektor Theodor Bars aus, der diese Idee bereits seit 1951 verfolgt und schon mit den zuständigen Stellen über die Verwirklichung dieses Projekts verhandelte sowie eigene Modelle gebaut hat. Das neue Verkehrsmuseum, dessen Standort noch nicht festliegt, soll nach Bars' Vorstellungen keinen ausgesprochenen musealen Charakter haben, sondern mehr ein Bildungsinstitut mit Kinoraum, Fachbibliothek und Modellbauwerkstätten werden. Er hat auch die Hoffnung, daß in Verhandlungen mit der Reichsbahn die in einem Keller des im Kriege zerstörten alten Verkehrs- und Baumuseums in der Invalidenstraße in Ost-Berlin noch lagernden Modelle für das neue Museum "gerettet" werden können.

1958

Die "Süddeutsche Zeitung" veröffentlicht die Antworten des sowjetischen Ministerpräsidenten Chruschtschow auf die fünf von ihrem Chefreporter Hans Ulrich Kempski schriftlich gestellten Fragen zum Thema Berlin.
Zur Frage "Könnten Sie den Status einer Freien Stadt West-Berlin etwas eingehender erläutern?" legt Chruschtschow über die bereits aus seiner Rede vom 10. November und den Noten vom 27. November bekannten Thesen über die inneren Verhältnisse der Stadt hinaus dar, daß diese ihr eigenes, vom Bund getrenntes Geld- und Steuersystem haben müsse. Steuereinnahmen dürften nicht mehr nach der Bundesrepublik fließen, um deren "Kriegsvorbereitungen" zu bezahlen und Besatzungstruppen zu unterhalten. Die Stadt sollte auch "ihre unabhängige Rechtsprechung" haben und "selbstverständlich" über die notwendigen Polizeitruppen verfügen, um die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Im übrigen weist Chruschtschow noch einmal alle Behauptungen über "irgendwelche mystischen Pläne zur Eroberung West-Berlins" durch die DDR oder gar die Sowjetunion als völlig absurd zurück. Sinn der sowjetischen Vorschläge für den Status einer Freien Stadt West-Berlin sei lediglich, daß auf deren Territorium keinerlei feindselige Propaganda gegen irgendeinen Staat, vor allem nicht gegen die DDR, mehr geduldet werde.
In seiner Antwort auf "Welche Fragen im Zusammenhang mit dem Status West-Berlins könnten ... Gegenstand von Verhandlungen zwischen den vier Großmächten werden und welche Fragen unterliegen nicht der Diskussion?" macht Chruschtschow noch einmal deutlich, daß, wenn der Westen die Verleihung des Status einer Freien Stadt für West-Berlin ablehne, für Verhandlungen keine Basis übrig bleibe und die Sowjetunion sich dann von niemanden daran hindern lassen werde, die von ihr geplanten Maßnahmen durchzuführen. Auf die Frage "Welche Aktionen der Westmächte würden von Ihnen als Durchkreuzung der sowjetischen Vorschläge betrachtet werden?" meint Chruschtschow, daß, wenn andere Wege und Mittel zur Beseitigung der Spannungen aufgezeigt würden, die Sowjetunion sie gern erörtern würde. Sie glaube aber, daß man etwas Besseres als ihre Vorschläge sich nicht ausdenken könne, und hoffe, daß die für das Schicksal der Welt Verantwortlichen die Aktualität und die Vernünftigkeit der sowjetischen Vorschläge wenn nicht heute, so doch morgen einsehen werden. Wenn "manche Hitzköpfe" unter den westlichen Militärs in "verantwortungslosen Erklärungen" ankündigten, mit Panzern den Weg nach Berlin bahnen zu wollen, so liege es auf der Hand, daß dies einen Krieg bedeuten würde. Doch glaube er, Chruschtschow, nicht daran, daß der Westen einen Krieg vom Zaune brechen würde, weil die Sowjetunion die Überreste des Besatzungsregimes in West-Berlin aufheben wolle.
Zu den beiden letzten Fragen über die Atombewaffnung der Bundesrepublik und über eine Konföderation beider deutscher Staaten wiederholt Chruschtschow die seit langem bekannten sowjetischen Auffassungen, daß nur der Verzicht auf atomare Waffen und die Annahme der Konföderationsvorschläge die einzig reale Möglichkeit zur Lösung des deutschen Problems darstellen können.

Das State Department wie Sprecher der britischen und französischen Regierung lassen in Stellungnahmen zur TASS-Erklärung wie zum Chruschtschow-Interview erkennen, daß die darin enthaltenen Drohungen sie nicht davon abhalten werden, ihren Verpflichtungen gegenüber West-Berlin nachzukommen.

Der Regierende Bürgermeister Brandt hält sich in Bonn auf, wo er mit Bundeskanzler Dr. Adenauer und Außenminister Dr. von Brentano Fragen der Vertretung der Interessen Berlins auf den Konferenzen in Paris sowie solche der wirtschaftlichen Hilfe des Bundes für die Stadt erörtert.
Weitere Gespräche führt der Regierende Bürgermeister dort mit Bundespräsident Prof. Heuss, mit dem SPD-Vorsitzenden Ollenhauer und dem zu einem Besuch in der Bundesrepublik weilenden dänischen Ministerpräsidenten H. C. Hansen.

Zur TASS-Erklärung bemerkt der Regierende Bürgermeister in einer in Bonn abgegebenen Stellungnahme, daß die Berliner sich auch durch Drohungen nicht irremachen ließen. Da es sich bei der TASS-Erklärung offensichtlich um eine propagandistische Ouvertüre zu den in Paris bevorstehenden Konferenzen handele, werde es Sache der westlichen Außenminister sein, durch ihre Beschlüsse hierauf die entsprechende Antwort zu erteilen.
Bei der Beurteilung des Chruschtschow-Interviews verweist Bürgermeister Brandt darauf, daß in ihm der wahre Gehalt des sogenannten Freistadt-Vorschlages noch klarer als bisher zutage getreten sei. Denn wenn nach Meinung des sowjetischen Ministerpräsidenten die "Freie Stadt" West-Berlin nur das zu beschließen haben werde, was die Sowjetregierung für gut halte, und diese wiederum verlange die Abschaffung der DM (West) und die Aufhebung der wirtschaftlichen Verbindungen mit dem westlichen Deutschland, so könne von Entscheidungsfreiheit der West-Berliner keine Rede mehr sein. Es liege daher auf der Hand, so unterstreicht Brandt abschließend, daß das Nein zu den sowjetischen Berlin-Forderungen nunmehr nur noch verstärkt zum Ausdruck gebracht werden könne.

Das SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" steigert in einem, West-Berlin mit den US-Basen in Übersee vergleichenden Artikel hinter der Überschrift "Stützpunkt Nr. XY" die persönlichen Angriffe gegen den Regierenden Bürgermeister Brandt, den es beschuldigt, kein Nationalgefühl zu besitzen und deshalb um ein Verbleiben der Besatzer zu betteln. Wenn Leute in West-Berlin glaubten, Eisenhower und Dulles nähmen den geringsten Anteil an ihrem Schicksal, so meint das "ND" ihnen sagen zu müssen, daß sie einer gemeinen Demagogie zum Opfer fielen, deren einer Rädelsführer Brandt sei. Unter Anspielung auf dessen Exil während der NS-Zeit heißt es dann: "Es gab einmal einen norwegischen Staatsbürger, der nannte sich Quisling. Er wollte die deutsche Besetzung Norwegens den Norwegern schmackhaft machen. Wissen Sie, was das norwegische Volk mit diesem Vaterlandsverräter gemacht hat...? Und ein solcher norwegischer Staatsbürger - wenn er auch nicht Quisling heißt - will jetzt die amerikanische Besetzung West-Berlins den West-Berlinern schmackhaft machen. Seine lächerliche Begründung ist: Die Russen bedrohen uns!"

Der Außerordentliche Landesverbandstag der Berliner DAG wählt den bisherigen Leiter der Abteilung Sozialpolitik im Vorstand, Erich Giessner (SPD), zum neuen Landesvorsitzenden. Sein Vorgänger, Siegfried Aufhäuser, der das Amt aus Altersgründen zum 1. Januar 1959 abgibt, wird zum Ehrenvorsitzenden gewählt.

In einem Referat befürwortet Giessner die Einsetzung eines geeigneten Gremiums aus Vertretern der Gewerkschaften und der Wirtschaft, das in der gegenwärtigen Situation engen Kontakt zum Senat pflegen soll. Weiter fordert er die Bundesregierung auf, weitere Bundesdienststellen nach Berlin zu verlegen, um den etwa 19 000 mehr als 45 Jahre alten und noch immer arbeitslosen Angestellten helfen zu können.

Nach einer Sitzung des DAG-Hauptvorstandes in Berlin, auf der der 74jährige Siegfried Aufhäuser zum Ehrenmitglied kooptiert wird, erläutert der Vorsitzende Fritz Rettig auf einer Pressekonferenz eine Erklärung, in der die DAG sich besorgt über die in einzelnen Bereichen der westdeutschen Wirtschaft durch den sowjetischen Nervenkrieg gegen Berlin eingetretene Beunruhigung äußert, es zugleich aber begrüßt, daß einzelne Unternehmen ankündigten, ihre Investitionen in Berlin zu verstärken. Die DAG wolle künftig in einem Informationsdienst ständig auf die Situation in Berlin hinweisen und durch ihre Vertreter in den westdeutschen Betriebsräten dafür eintreten, daß eine verstärkte Auftragsvergabe nach Berlin erfolgt.
Rettig teilt weiter mit, daß in der DAG gegenwärtig etwa 450 000 Angestellte organisiert sind, davon in Berlin rund 55 000.

Auf der Vollversammlung der Berliner Industrie- und Handelskammer berichtet ihr Präsident Dr. Borner über seine Gespräche mit Bundeskanzler Dr. Adenauer, in denen klar zum Ausdruck gekommen sei, daß die Regierung, alles ihr notwendig Erscheinende tun werde, um die wirtschaftliche Entwicklung Berlins auch in den kommenden Monaten zu sichern.
Zum Ost-Berliner Handelsangebot beschließt die IHK folgende Stellungnahme:

  1. Das bestehende Interzonenhandelsabkommen bietet für eine Ausweitung des Handels genügend Möglichkeiten. Dieses Abkommen unterstreicht durch die gemeinsame Vertretung des Bundesgebietes und West-Berlins in der Treuhandstelle die Verbundenheit der westdeutschen und der West-Berliner Wirtschaft.
  2. Der von den östlichen Behörden unterstützte "Ausschuß zur Förderung des Berliner Handels" fördert nicht die Interessen der West-Berliner Wirtschaft. Die IHK empfiehlt daher, sich nicht, auch nicht durch untergeordnete Vertreter, an dessen Veranstaltungen zu beteiligen.
  3. Die von den "sowjetzonalen" DIA-Fachanstalten geschlossenen "Vorverträge" über umfangreiche Lieferungen und Bezüge entbehren jeder rechtlichen und wirtschaftlichen Realität.
Die Akademie der Künste bestätigt auf ihrer großen Mitgliederversammlung den Präsidenten Hans Scharoun und den Vizepräsidenten Boris Blacher auf weitere drei Jahre in ihren Ämtern.
Zu neuen Mitgliedern wählt die Akademie den Bildhauer Hans Arp, den Zeichner George Grosz, den finnischen Architekten Alvar Aalto, die Komponisten Benjamin Britten, Luigi Dallapiccola, Ernst Krenek, Rolf Liebermann und Goffredo Petrassi, die Schriftsteller Georg Britting, Alexander Lernet-Holenia und Ernst Schnabel, die Schauspieler Roma Bahn, Ewald Baiser und Curt Goetz, die Regisseure Leopold Lindtberg, Willi Schmidt und Oscar Fritz Schuh, den Kölner Rundfunkintendanten Hanns Hartmann und den Bühnenbildner Teo Otto.

Die Technische Universität verleiht in einer Feierstunde Dr. Ernst Allmenröder (Hamburg) in Anerkennung seiner Verdienste um die Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungstechnik - u. a. auch beim Entwurf und beim Bau der Berliner Fernheizanlagen - die Würde eines Dr.-Ing. e. h.

1958

Die Arbeitsgemeinschaft der Polizeipräsidenten in der Bundesrepublik berät unter Vorsitz von Dr. Gerhard Littmann (Frankfurt am Main) auf ihrer Tagung in Berlin u. a. über die hier seit Einführung der "Schlägerkartei" gemachten Erfahrungen.

1959

Der Senator für Verkehr und Betriebe gibt die Berufung eines Straßenverkehrs-Beirats unter Vorsitz von Prof. Wilhelm Ernst Fauner (TU Berlin) bekannt der die zur Ordnung und Sicherung des Straßenverkehrs zuständigen Behörden beraten und unterstützen soll. Im Gegensatz zu seinen Vorläufern, dem Kraftverkehrs- und dem Verkehrssicherheitsausschuß - 1949 bzw. 1951 gegründet und im Herbst 1958 aufgelöst -, gehören dem Beirat keine Behördenvertreter mehr an, sondern zunächst 18 Verbände, Organisationen und sonstige Einrichtungen, die sich nach ihrem Aufgabenbereich in besonderem Maße mit Fragen des Straßenverkehrs in Berlin befassen.

Entsprechend einem Beschluß des Rates der EKU vom Sommer d. J. und einem vor einigen Tagen dazu von ihm erlassenen Aufruf veranstaltet die Ev. Kirche in der Deutschlandhalle zum Auftakt der Sammelaktion "Brot für die Welt" eine Großkundgebung, auf der der Berliner Theologe Helmut Gollwitzer, für die Ev. Freikirchen Bischof Wunderlich (Frankfurt am Main) und für die EKD ihr Ratsvorsitzender Bischof Dibelius sprechen und dazu auffordern, den Hunger in der Welt durch Spenden überwinden zu helfen.

In seiner vierzehntäglichen Sendereihe "Wo uns der Schuh drückt" appelliert der Regierende Bürgermeister Brandt tags darauf an alle Berliner, die nicht selbst von Not geplagt sind, sich an der Hilfsaktion zu beteiligen. "Wir haben selbst manche Hilfe erfahren, und wir sollten uns dessen bewußt bleiben, was wir dem Gebot der Menschlichkeit schuldig sind."

1959

Der Senator für Verkehr und Betriebe gibt die Berufung eines Straßenverkehrs-Beirats unter Vorsitz von Prof. Wilhelm Ernst Fauner (TU Berlin) bekannt der die zur Ordnung und Sicherung des Straßenverkehrs zuständigen Behörden beraten und unterstützen soll. Im Gegensatz zu seinen Vorläufern, dem Kraftverkehrs- und dem Verkehrssicherheitsausschuß - 1949 bzw. 1951 gegründet und im Herbst 1958 aufgelöst -, gehören dem Beirat keine Behördenvertreter mehr an, sondern zunächst 18 Verbände, Organisationen und sonstige Einrichtungen, die sich nach ihrem Aufgabenbereich in besonderem Maße mit Fragen des Straßenverkehrs in Berlin befassen.

Entsprechend einem Beschluß des Rates der EKU vom Sommer d. J. und einem vor einigen Tagen dazu von ihm erlassenen Aufruf veranstaltet die Ev. Kirche in der Deutschlandhalle zum Auftakt der Sammelaktion "Brot für die Welt" eine Großkundgebung, auf der der Berliner Theologe Helmut Gollwitzer, für die Ev. Freikirchen Bischof Wunderlich (Frankfurt am Main) und für die EKD ihr Ratsvorsitzender Bischof Dibelius sprechen und dazu auffordern, den Hunger in der Welt durch Spenden überwinden zu helfen.

In seiner vierzehntäglichen Sendereihe "Wo uns der Schuh drückt" appelliert der Regierende Bürgermeister Brandt tags darauf an alle Berliner, die nicht selbst von Not geplagt sind, sich an der Hilfsaktion zu beteiligen. "Wir haben selbst manche Hilfe erfahren, und wir sollten uns dessen bewußt bleiben, was wir dem Gebot der Menschlichkeit schuldig sind."

1960

Eine Stunde vor der für 20.00 Uhr im Auswärtigen Amt in Bonn vorgesehenen Unterzeichnung des neuen deutsch-sowjetischen Handelsabkommens legt Staatssekretär van Scherpenberg dem sowjetischen Botschafter Smirnow den Standpunkt der Bundesregierung über den Anwendungsbereich dieses Abkommens mit West-Berlin dar. Da der Botschafter sich außerstande sieht, diese Erklärung entgegenzunehmen, läßt der Staatssekretär dem stellv. Außenhandelminister Borissow als Leiter der sowjetischen Verhandlungsdelegation mitteilen, daß es unter diesen Umständen besser sei, die Unterzeichnung zu vertagen.

Unmittelbar danach macht Bundesaußenminister von Brentano auf einer Pressekonferenz deutlich, daß Staatssekretär van Scherpenberg auch während der Verhandlungen seine Gesprächspartner darauf hingewiesen habe, daß die Frage des Anwendungsbereichs des Abkommens eine entscheidende Rolle spielen würde. Ablauf und Inhalt der Vereinbarungen im Sachlichen hätten zwar die Zustimmung der Bundesregierung gefunden, doch glaube sie, daß eine so wichtige Frage wie der Anwendungsbereich nicht offenbleiben könne, damit nicht Meinungsverschiedenheiten entstehen, über die man sich vorher einigen müsse. Die Bundesregierung werde nun darauf warten, welche Reaktion auf die Mitteilung ihres Standpunktes erfolgt, und, wie das üblich sei, auf dem diplomatischen Wege prüfen, welche Lösungsmöglichkeiten sich abzeichnen.
Tags darauf heißt es in einer Pressemitteilung der Botschaft, daß die sowjetische Seite den Versuch, ihr im letzten Augenblick eine unbegründete Forderung aufzuzwingen, ablehnte, da sie schon zu Beginn der Verhandlungen darlegte, daß sich die Gültigkeit des Abkommens nur auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland erstrecke, zu dem West-Berlin nicht gehöre.
Und wiederum einen Tag später betont Minister Borissow vor seiner Rückreise nach Moskau in einer Erklärung, daß allein durch das Verschulden der bundesrepublikanischen Delegation eine Unterzeichnung der Abmachungen nicht erfolgen konnte, da sie im voraus wußte, daß ihre Forderung unter keiner Bedingung angenommen werden würde, "da West-Berlin niemals ein Teil des Territoriums der Bundesrepublik ... war und ist und die Zuständigkeit der Bundesbehörden sich nicht auf Berlin ausdehnen kann". Außerdem sollte es bekannt sein, daß die Abkommen vom April 1958 keine Berlin-Klausel enthalten. So versuche die westdeutsche Seite, indem sie als Bedingung für die Unterzeichnung der Abkommen deren Ausdehnung auf West-Berlin durch die Sowjetunion anstrebt, die Entfaltung des Handels zwischen beiden Staaten den Interessen der Erreichung ihrer politischen Ziele unterzuordnen, welche nichts mit der Erhaltung und Entwicklung normaler wirtschaftlicher Beziehungen zu tun hätten. "Die sowjetische Delegation ist bereit, die Abkommen ... zu unterzeichnen, sobald die Delegation der Bundesrepublik die Hindernisse zur Unterzeichnung beseitigt, Hindernisse, die sie künstlich schuf."

Im Namen des New Yorker Oberbürgermeisters Robert F. Wagner und des Präsidenten der für 1964/65 dort vorgesehenen Weltausstellung, Robert Moses, überbringt ihr Beauftragter Louis P. Lochner - bis 1941 jahrelanger Leiter des AP-Büros in Berlin und Vorsitzender des Verbandes ausländischer Journalisten in Deutschland - eine schriftlich formulierte Einladung an Berlin, sich an dieser Ausstellung zu beteiligen, worin das Ausstellungskuratorium die Erwartung ausspricht, daß die Stadt als "ein unabdingbarer Bestandteil und besonderer Vorposten der freien Welt ... die hervorragenden Produkte seines Geistes und seiner Arbeit" zeigen werde.
Nach Entgegennahme der Einladung gibt Bürgermeister Amrehn der Hoffnung Ausdruck, daß es möglich sein werde, bis dahin auf dieser Ausstellung nicht nur West-Berlin, sondern ganz Berlin ebenso wie ein wiedervereinigtes Deutschland zu repräsentieren.

1960

Eine Stunde vor der für 20.00 Uhr im Auswärtigen Amt in Bonn vorgesehenen Unterzeichnung des neuen deutsch-sowjetischen Handelsabkommens legt Staatssekretär van Scherpenberg dem sowjetischen Botschafter Smirnow den Standpunkt der Bundesregierung über den Anwendungsbereich dieses Abkommens mit West-Berlin dar. Da der Botschafter sich außerstande sieht, diese Erklärung entgegenzunehmen, läßt der Staatssekretär dem stellv. Außenhandelminister Borissow als Leiter der sowjetischen Verhandlungsdelegation mitteilen, daß es unter diesen Umständen besser sei, die Unterzeichnung zu vertagen.

Unmittelbar danach macht Bundesaußenminister von Brentano auf einer Pressekonferenz deutlich, daß Staatssekretär van Scherpenberg auch während der Verhandlungen seine Gesprächspartner darauf hingewiesen habe, daß die Frage des Anwendungsbereichs des Abkommens eine entscheidende Rolle spielen würde. Ablauf und Inhalt der Vereinbarungen im Sachlichen hätten zwar die Zustimmung der Bundesregierung gefunden, doch glaube sie, daß eine so wichtige Frage wie der Anwendungsbereich nicht offenbleiben könne, damit nicht Meinungsverschiedenheiten entstehen, über die man sich vorher einigen müsse. Die Bundesregierung werde nun darauf warten, welche Reaktion auf die Mitteilung ihres Standpunktes erfolgt, und, wie das üblich sei, auf dem diplomatischen Wege prüfen, welche Lösungsmöglichkeiten sich abzeichnen.
Tags darauf heißt es in einer Pressemitteilung der Botschaft, daß die sowjetische Seite den Versuch, ihr im letzten Augenblick eine unbegründete Forderung aufzuzwingen, ablehnte, da sie schon zu Beginn der Verhandlungen darlegte, daß sich die Gültigkeit des Abkommens nur auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland erstrecke, zu dem West-Berlin nicht gehöre.
Und wiederum einen Tag später betont Minister Borissow vor seiner Rückreise nach Moskau in einer Erklärung, daß allein durch das Verschulden der bundesrepublikanischen Delegation eine Unterzeichnung der Abmachungen nicht erfolgen konnte, da sie im voraus wußte, daß ihre Forderung unter keiner Bedingung angenommen werden würde, "da West-Berlin niemals ein Teil des Territoriums der Bundesrepublik ... war und ist und die Zuständigkeit der Bundesbehörden sich nicht auf Berlin ausdehnen kann". Außerdem sollte es bekannt sein, daß die Abkommen vom April 1958 keine Berlin-Klausel enthalten. So versuche die westdeutsche Seite, indem sie als Bedingung für die Unterzeichnung der Abkommen deren Ausdehnung auf West-Berlin durch die Sowjetunion anstrebt, die Entfaltung des Handels zwischen beiden Staaten den Interessen der Erreichung ihrer politischen Ziele unterzuordnen, welche nichts mit der Erhaltung und Entwicklung normaler wirtschaftlicher Beziehungen zu tun hätten. "Die sowjetische Delegation ist bereit, die Abkommen ... zu unterzeichnen, sobald die Delegation der Bundesrepublik die Hindernisse zur Unterzeichnung beseitigt, Hindernisse, die sie künstlich schuf."

Im Namen des New Yorker Oberbürgermeisters Robert F. Wagner und des Präsidenten der für 1964/65 dort vorgesehenen Weltausstellung, Robert Moses, überbringt ihr Beauftragter Louis P. Lochner - bis 1941 jahrelanger Leiter des AP-Büros in Berlin und Vorsitzender des Verbandes ausländischer Journalisten in Deutschland - eine schriftlich formulierte Einladung an Berlin, sich an dieser Ausstellung zu beteiligen, worin das Ausstellungskuratorium die Erwartung ausspricht, daß die Stadt als "ein unabdingbarer Bestandteil und besonderer Vorposten der freien Welt ... die hervorragenden Produkte seines Geistes und seiner Arbeit" zeigen werde.
Nach Entgegennahme der Einladung gibt Bürgermeister Amrehn der Hoffnung Ausdruck, daß es möglich sein werde, bis dahin auf dieser Ausstellung nicht nur West-Berlin, sondern ganz Berlin ebenso wie ein wiedervereinigtes Deutschland zu repräsentieren.

1961

Während eines dreitägigen Aufenthalts in Paris hat der Regierende Bürgermeister Brandt Gelegenheit, mit den Außenministern der Westmächte - Rusk, Lord Home, Couve de Murville - über die gegenwärtige Lage in und um Berlin zu konferieren. Vor der Versammlung der Westeuropäischen Union erklärt Brandt, daß Berlin als ein Teil Deutschlands nicht isoliert behandelt werden dürfe, noch sehe er durchaus die Möglichkeit eines Modus vivendi, d. h. begrenzte Verhandlungen im Sinne zusätzlicher Vereinbarungen auf der bestehenden Rechtsbasis.

1962

Ministerpräsident Chruschtschow betont in seinem Bericht zur gegenwärtigen Lage vor dem Obersten Sowjet die Unaufschiebbarkeit des Abschlusses eines deutschen Friedensvertrages und auf seiner Grundlage die Normalisierung der Lage in West-Berlin, doch wolle die Sowjetunion dabei die Positionen ihrer Verhandlungspartner berücksichtigen. Er schlägt vor, die "NATO-Truppen" durch solche der Vereinten Nationen zu ersetzen, die überhaupt in West-Berlin bestimmte Funktionen übernehmen sollten (vgl. 10. Juli).

Der neue britische Stadtkommandant, Generalmajor David P. Yates, stattet dem Regierenden Bürgermeister Brandt im Rathaus Schöneberg seinen Antrittsbesuch ab (vgl. 5. Dezember).

1963

Wenige Wochen vor Vollendung seines 80. Lebensjahres stirbt in seinem Stuttgarter Heim Theodor Heuss - erster Bundespräsident von 1949 bis 1959 und Berliner Ehrenbürger seit dem 31. Oktober 1949.

1967

In einer Feierstunde im Rathaus Schöneberg ehren Senat und Abgeordnetenhaus die 79jährige Jeanette Wolf (SPD) - Mitglied des Berliner Stadtparlaments von 1946 bis 1952 und dann des Deutschen Bundestages bis 1961 - mit der Verleihung der Würde einer Stadtältesten (Nr. 147). Der Regierende Bürgermeister Schütz nennt sie eine "verehrungswürdige Dame und verdienstvolle Politikerin", die besonderen Dank dafür verdiene, daß sie sich nach der Katastrophe Deutschlands trotz aller persönlichen Leiden - ihre Familie war in den Vernichtungslagern ermordet worden und sie selbst hatte als Verfolgte untertauchen müssen - wieder "in den Dienst des Vaterlandes gestellt" habe.

DDR-Innenminister Dickel fordert in einem von Boten im Rathaus Schöneberg übergebenen Brief vom Regierenden Bürgermeister Schütz "notwendige Maßnahmen" für ein Verbot der neo-nazistischen NPD und eine Unterbindung jedweder Form ihrer Tätigkeit; letztes insbesondere unter Hinweis auf die am 25./26. November in einem Hotel am Kurfürstendamm erfolgte konstituierende Sitzung des neugewählten NPD-Bundesvorstandes unter Leitung seines Vorsitzenden Adolf von Thadden.

1969

Zwischen den U-Bahnhöfen Britz-Süd und Zwickauer Damm findet die erste Fahrt der U-Bahn statt. Am 2. Januar 1970 soll die Verlängerung der U-Bahnlinie 7 um 3,4 Kilometer dem öffentlichen Verkehr übergeben werden.

1970

In der 91. Sitzung des Abgeordnetenhauses (5. Wahlperiode) erhält Bundeskanzler Willy Brandt die Berliner Ehrenbürgerwürde. In der Urkunde wird sein Wirken als Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin, als Regierender Bürgermeister sowie als Bundesaußenminister und Bundeskanzler betont. Brandt wird auch die silberne Plakette überreicht, die allen Abgeordneten nach 20jähriger ununterbrochener Zugehörigkeit zum Abgeordnetenhaus verliehen wird. Viele CDU-Abgeordnete bleiben der Sondersitzung fern. (Vgl. 22. September.) Der Bundeskanzler erklärt in seiner Ansprache, die Zeit sei reif für eine Regelung, die Berlin die Aussicht auf Stabilität für eine zeitlich nicht begrenzte Zukunft eröffne. Berlin sei der Prüfstand für die Politik seiner Regierung. In Berlin werde die Chance Europas, zu einer Entspannung zu kommen, entweder genutzt oder vertan.

Zum 20jährigen Bestehen des Deutschen Sportbunds versichert Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher in Hannover nachdrücklich, West-Berlin werde auch im Sport mit dem Bundesgebiet verbunden bleiben. "Es wird keine besondere Einheit West-Berlin geben, weder im Bereich der Politk noch im Bereich des Sports", sagt der Minister.

1972

Am Vorabend des 175. Geburtstags des Dichters Heinrich Heine (1797 - 1856) findet im Deutschen Theater in Berlin-Mitte ein Festakt des Ministerrats der DDR statt. Kulturminister Klaus Gysi hält die Festrede.

1973

Im Mittelpunkt der 62. Sitzung des Abgeordnetenhauses (6. Wahlperiode) steht das von der CDU-Fraktion beantragte Verbot des Kommunistischen Studentenverbands (KSV) durch den Senat. Einigkeit besteht bei allen Fraktionen und dem Senat darüber, daß der KSV verfassungswidrige Ziele verfolge und daher verboten werden sollte. Bei der Beantwortung der Frage, wie ein solches Verbot zu erreichen sei, gibt es allerdings grundlegende Differenzen.

Die BVG stellt in ihrer Hauptbetriebswerkstatt in Berlin-Wedding einen neuen U-Bahnwagentyp vor, von dem man sich eine größere Attraktivität des öffentlichen Verkehrsmittels U-Bahn verspricht. Die für den Fahrgast wichtigste Veränderung gegenüber den bisherigen Fahrzeugen ist der Übergang von Längssitzen zu abteilmäßig angeordneten Quersitzen. In Kürze sollen zwei neue Wagen auf der Linie 9 zwischen Leopoldplatz und Walther-Schreiber-Platz eingesetzt werden.

1974

Der Leiter der Treuhandstelle für den Interzonenhandel, Willi Kleindienst, und der stellvertretende DDR-Außenhandelsminister Heinz Behrendt unterzeichnen im Haus der Treuhandstelle in West-Berlin eine Vereinbarung über die Fortsetzung und Erweiterung des zinslosen Überziehungskredits (Swing) im innerdeutschen Handel.

Nach elfmonatigen Verhandlungen unterzeichnen in Ost-Berlin Vertreter des Senators für Bau- und Wohnungswesen und des Verkehrsministeriums der DDR eine Vereinbarung über die Abnahme West-Berliner Abwässer durch die DDR. (Vgl. 9. Dezember.) Es handelt sich um einen Fünf-Jahres-Vertrag mit einem Gesamtvolumen von rund 60 Millionen DM.

1974

In Brüssel tagen die Außenminister der 15 NATO-Staaten. Im Kommuniqué der Ministertagung heißt es unter anderem: "Die Minister befaßten sich mit den Entwicklungen bezüglich Berlins und Deutschlands seit ihrer letzten Tagung im Juni 1974, besonders im Hinblick auf die Anwendung derjenigen Regelungen des Viermächte-Abkommens, die sich auf die Westsektoren Berlins beziehen. Sie erörterten insbesondere den Verkehr und die Bindungen zwischen den Westsektoren und der Bundesrepublik Deutschland sowie die Außenvertretung der Interessen dieser Sektoren durch die Bundesrepublik Deutschland. Sie unterstrichen die Bedeutung aller Teile des Viermächte-Abkommens für die Lebensfähigkeit und Sicherheit der Stadt. Die Minister hoben ebenfalls hervor, daß zwischen der Entspannung in Europa und der Lage in bezug auf Berlin ein essentieller Zusammenhang besteht." (Vgl. 18/19. Juni.)

1975

Das Abgeordnetenhaus verabschiedet in seiner 18. Sitzung (7. Wahlperiode) gegen die Stimmen der CDU-Fraktion das Haushaltsgesetz 1976. Der Etat hat bei einer Steigerungsrate von 5,7 Prozent ein Volumen von rund 14 Milliarden DM. Die Steigerungsrate der Bundeshilfe (6,35 Milliarden DM) beträgt acht Prozent.

1976

Die Internationale Liga für Menschenrechte verleiht im Jüdischen Gemeindehaus in Berlin-Charlottenburg die Carl-von-Ossietzky-Medaille 1976 an die Führerin der nordirischen Frauenfriedensbewegung, Betty Williams, für ihr "ständiges unerschrockenes Ringen um Frieden in einer friedlosen Welt". Gleichzeitig nehmen ihre beiden Mitarbeiter, Mairead Corrigan und Ciaran McKeown, die Auszeichnung entgegen. "Hier werden Persönlichkeiten geehrt, die auf ihre Weise in ihrem Land für den Frieden arbeiten", erklärt Bürgermeister Wolfgang Lüder vor rund 600 Gästen. Die Laudatio hält der Schriftsteller Günter Grass, selbst Träger der Medaille.
   Am folgenden Tag tragen sich die Preisträger im Rathaus Schöneberg in das Goldene Buch der Stadt ein. Dabei hebt der Regierende Bürgermeister Klaus Schütz hervor, daß die Berliner am Schicksal Nordirlands großen Anteil nähmen. "In unserer Stadt haben die Menschen ein ganz unmittelbares, praktisches Verhältnis zur Notwendigkeit des Friedens", sagt er. "Diese Stadt mußte seit dem Kriege nicht nur einmal um die Erhaltung des Friedens bangen. Hier weiß jeder sehr genau, daß der Frieden Voraussetzung schlechthin für alles andere ist. Natürlich ist damit schon der Unterschied zwischen unserer und Ihrer Situation genannt. Hier geht es um den Frieden nach außen, bei Ihnen zu Hause um den im Inneren. Aber der eine ist so wichtig wie der andere, der Frieden ist auch in dieser Hinsicht unteilbar."

1980

Nach zweitägigen Beratungen verabschiedet das Abgeordnetenhaus in seiner 43. Sitzung (8. Wahlperiode) gegen die Stimmen der CDU das Haushaltsgesetz 1981. Der Etat hat ein Gesamtvolumen von 18,138 Milliarden DM und wird zu mehr als der Hälfte aus Bundesmitteln finanziert.

Der SPD-Bundesvorstand wählt den Senator für Wissenschaft und Forschung, Peter Glotz, zum neuen Bundesgeschäftsführer der Partei. Er wird sein neues Amt in der Nachfolge Egon Bahrs im nächsten Jahr in Bonn antreten.
   Nachfolger von Glotz als Senator soll der bisherige Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR, Günter Gaus, werden.

1980

In Kreuzberg kommt es zu einer Straßenschlacht, nachdem die Polizei ein besetztes Haus geräumt und eine weitere Besetzung verhindert hat. Die schweren Auseinandersetzungen im Gebiet um das Kottbusser Tor und den Oranienplatz dauern bis in die frühen Morgenstunden des 13. Dezember. Nach offiziellen Angaben werden 66 Polizeibeamte und eine nicht bekannte Zahl von Zivilpersonen verletzt und 35 Polizeifahrzeuge durch Steinwürfe beschädigt. 57 Personen werden festgenommen, von denen 36 am folgenden Tag dem Vernehmungsrichter vorgeführt werden.
   Die Auseinandersetzungen gehen an den folgenden Tagen in der West-Berliner Innenstadt weiter.
   Anschläge über Weihnachten: Eine Serie von Anschlägen mit Steinwürfen und Brandsätzen auf Banken und Geschäftshäuser beschäftigt die Polizei an den Weihnachtsfeiertagen. Die Gewalttaten werden als Reaktionen auf die Verhaftungen nach den Auseinandersetzungen zwischen Hausbesetzern und Polizei eingestuft.

1981

Mehr als 10000 Personen folgen dem Aufruf von 139 Gruppen, um am zweiten Jahrestag des sogenannten NATO-Doppelbeschlusses gegen die mögliche Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Mitteleuropa zu demonstrieren. Der Marsch führt vom Schloß Charlottenburg zum Karl-August-Platz, wo Schneeballwürfe und Knallkörper die Abschlußkundgebung so nachhaltig stören, daß diese vorzeitig beendet werden muß.

Erstmals findet in Berlin - im Hotel Inter-Continental - die seit 1947 von der Internationalen Sport-Korrespondenz (ISK), Stuttgart, organisierte Wahl der "Sportler" und der "Mannschaft des Jahres" statt. Diese "Titel" erhalten Ulrike Meyfarth, Hochsprung-Siegerin im Europa- und imWeltcup der Leichtathletik, Toni Mang, Doppelweltmeister im Motorradsport, die Wasserball-Nationalmannschaft, die Europameister wurde mit fünf Spielern des deutschen Meisters "Wasserfreunde Spandau 04".

Im Ost-Berliner Sport- und Erholungszentrum am Friedrichshain werden die nach der 29. Umfrage des FDJ-Organs "Junge Welt" ermittelten DDR-Sportler des Jahres 1981 geehrt: Ute Geweniger, fünffache Europameisterin im Schwimmen, Lothar Thoms, viermaliger Bahnradsport-Weltmeister, der SC Magdeburg, Gewinner des Europapokals der Landesmeister im Hallenhandball.

1982

Die Berliner Sektion der Internationalen Liga für Menschenrechte ehrt in einer Feierstunde zum Tag der Menschenrechte in der Kreuzberger Carl-von-Ossietzky-Schule William Borm als "unbestechlichen Demokraten,... Verfechter einer konsequenten Abrüstungspolitik und liberalen Repräsentanten der Friedensbewegung" (vgl. 12. November) und verleiht ihm die Carl-von-Ossietzky-Medaille.

1983

Nach Gesprächen in Bukarest versucht KPI-Generalsekretär Berlinguer auch bei DDR-Partei- und Staatschef Honecker auszuloten, welche Möglichkeiten zur Fortsetzung des Abrüstungsdialogs zwischen den Weltmächten nach dem Abbruch ihrer Verhandlungen in Genf auf Grund des Beginns der Stationierung amerikanischer Mittelstrecken-Raketen in Westeuropa noch bestehen. Am Rande seines knapp zweitägigen Aufenthalts unternimmt Berlinguer eine Rundfahrt durch mehrere Ost-Berliner Bezirke und besichtigt soziale und gesellschaftliche Einrichtungen sowie das wieder restaurierte Schloß Friedrichsfelde im Tierpark.

1983

Während ihres offiziellen Besuches in Ost-Berlin hat eine Delegation des Senats der Cortes Generales unter Leitung seines Präsidenten Carvajal y Perez die Gelegenheit zu mehreren Gesprächen mit Volkskammer-Präsident Sindermann und anderen Abgeordneten über die internationale Lage und die Entwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen Spanien und der DDR. Nach der Kranzniederlegung am Mahnmal Unter den Linden empfängt DDR-Staatschef Honecker den Senatspräsidenten zu einem Meinungsaustausch.

1983

Auf dem traditionellen Jahresessen der Berliner Pressekonferenz im Hotel Steigenberger unterstreicht Bundeskanzler Kohl die besondere Bedeutung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR und bekräftigt den Willen der Bundesregierung zur Fortsetzung des Dialogs mit dem anderen deutschen Staat. Dem Verhältnis der Bundesrepublik zum Westen mißt der Kanzler "existentielle Bedeutung gerade auch fürBerlin" zu: "Wer einerErosion unseres Zusammenhalts mit den Westalliierten Vorschub leistet, wer auf Distanz geht, besonders zu den USA, der handelt verantwortungslos gegenüber den Menschen in Berlin."

1984

Die Herbsttagung der NATO in Brüssel beginnt am Vorabend mit dem traditionellen Deutschlandtreffen der Außenminister - Shultz (USA), Howe (Großbritannien), Roland Dumas (Frankreich) und Genscher (Bundesrepublik) -, wobei die amerikanische Seite Sorgen äußert hinsichtlich einer allmählichen Aushöhlung der alliierten Rechte in den Berliner Luftkorridoren, da die Sowjets seit dem Frühjahr durch unangemeldete oder nur sehr kurzfristig angesagte Militärflüge den Verkehr der westlichen Passagiermaschinen beeinträchtigen (vgl. 12. April). Dem Schlußkommunique zufolge betrachtet die NATO die Aufrechterhaltung einer ruhigen Lage in und um Berlin als ein wesentliches Element des Ost-West-Verhältnisses, weshalb sie einem ungehinderten Verkehr auf allen Zugangswegen grundsätzliche Bedeutung beimißt. Des weiteren begrüßt das westliche Bündnis die Bemühungen der Bundesrepublik, zur Stärkung des Friedens in Europa den Dialog und die Zusammenarbeit mit der DDR fortzusetzen und zu entwickeln sowie weitere praktische Verbesserungen, insbesondere für die Berliner, zu erreichen. Zur Frage der Teilung Deutschlands verweisen die Minister auf die Erklärung der Washingtoner Frühjahrstagung (vgl. 29./31. Mai).

1985

Das traditionelle Deutschlandtreffen der Außenminister Dumas (Frankreich), Howe (Großbritannien), Shultz (USA) und Genscher (Bundesrepublik) - zur Herbsttagung der NATO in Brüssel - wertet die Situation in und um Berlin als entspannt; insbesondere seit dem Genfer Treffen zwischen Präsident Reagan und KPdSU-Generalsekretär Gorbatschow am 19720. November verhielten sich die Sowjets gegenüber den Westalliierten betont höflich, vor allem habe die Beanspruchung der Luftkorridore durch sowjetische Militärmaschinen abgenommen und seien Absprachen mit den Sowjets in der Luftsicherheitszentrale wieder möglich (vgl. 577. Juni). Das Schlußkommunique der Tagung mißt dem Aufrechterhalten einer ruhigen Lage in und um Berlin grundsätzliche Bedeutung für die Ost-West-Beziehungen zu. Das westliche Bündnis unterstützt daher alle Anstrengungen zur Stärkung des Wohlergehens und der Lebensfähigkeit der Stadt sowie das Bemühen der Bundesrepublik zur Weiterentwicklung der innerdeutschen Beziehungen als bedeutsamen Beitrag im Interesse des Friedens.

1985

Fünf Berliner SPD-Politiker - der Landesvorsitzende Egert, der Bundestagsabgeordnete Heimann sowie die Abgeordneten Longolius, Löffler und Ristock - treffen in Ost-Berlin mit einer Reihe von SED-Funktionären, unter ihnen der als Nachfolger von Herbert Häber (vgl. 25. November) neu ernannte Abteilungsleiter für westdeutsche Fragen beim ZK, Günter Rettner, zu einer Fortsetzung des Meinungsaustausches über aktuelle politische und kulturelle Fragen zusammen.

"Der Tagesspiegel" meldet den Abschluß der im Herbst 1984 begonnenen Sicherungsarbeiten an der auf dem DDR-Ufer der Havel gelegenen, 1844 von Ludwig Persius gebauten Sakrower Heilandskirche - Weihnachten 1961 letzter Gottesdienst - durch DDR-Firmen zu einem Festpreis von einer Mio. DM, die zu gleichen Teilen von der Pressestiftung dieses Blattes und dem Senat aufgebracht wurde.

1986

Die 10. Große Strafkammer des Berliner Landgerichts verurteilt nach insgesamt 45 Verhandlungstagen (vgl. 1. April; 3.November) den früheren Charlottenburger Baustadtrat Antes zu fünf Jahren Freiheitsstrafe wegen Bestechlichkeit in vier Fällen und Vorteilsnahme, nachdem er erst am 9. Dezember gestanden hatte, zwischen 1981 und 1984 von drei Bauunternehmern insgesamt 300000 DM angenommen zu haben. Die sofortige Entlassung von Antes aus der Untersuchungshaft begründet das Gericht mit dessen nach wie vor schlechtem Gesundheitszustand. Strafverschärfend wertet das Urteil, daß Antes in dieser Korruptionsaffäre das kriminelle Mittelmaß weit überschritten habe.

Kurz nach 17.00 Uhr stürzt eine aus Minsk kommende zweistrahlige TU 134 der Aeroflot beim Anflug auf den Ost-Berliner Flughafen Schönefeld in etwa drei Kilometer Entfernung von der Landebahn in ein Waldstück bei Bohnsdorf. Die neun sowjetischen Besatzungsmitglieder sowie 60 DDR-Bürger und ein Österreicher finden dabei den Tod; zwölf Passagiere können noch in Krankenhäuser des Bezirks Köpenick bzw. in die Charite im Bezirk Mitte eingeliefert werden; ein junges Mädchen, das zu einer Gruppe von 27 Oberschülern aus Schwerin gehörte, von der 19 sofort starben, erliegt wenige Tage später ihren schweren Verletzungen, ebenso am 28. Dezember ein Ost-Berliner Bürger. Die sofort nach dem Unglück unter der Leitung von DDR-Verkehrsminister Arndt gebildete Untersuchungskommission gibt am 16. Dezember bekannt, daß der Flughafen zur Zeit des Geschehens "sowohl von der technischen als auch von der meteorologischen Seite her voll einsatzfähig" gewesen sei, die Maschine selbst sich in einem "einwandfreien Zustand" befunden, die Besatzung über die "erforderliche Qualifikation" verfügt und die Flugleitung "exakt nach den internationalen Regeln für die Durchführung von Landungen" gehandelt habe, die Ursache des Absturzes "auf die Verletzung der Regeln des Lande-Anfluges durch den Flugzeugführer zurückzuführen" sei. Westliche Luftfahrtexperten meinen, allein der Hergang des Unglücks mache deutlich, daß sich die Maschine unterhalb des vorgeschriebenen Landepfades befunden haben müsse, weshalb sie unmittelbar vor Überfliegen der Autobahn Berlin-Dresden Baumwipfel streifte und in den Wald stürzte. Zu den möglichen Pilotenfehlern zählten Verzögerungen beim Ausfahren der Landeklappen, wodurch Flugzeuge beim Langsamflug schnell an Höhe verlieren, oder die falsche Justierung des Höhenmessers.

1988

Kultursenator Hassemer stellt der Presse mit Nele Hertling - seit 1963 u. a. verantwortlich für Veranstaltungen an der Akademie der Künste - die erste Leiterin der frisch gegründeten "Hebbel-Theater GmbH" vor, eines Betriebs mit vorerst fünf (technischen) Mitarbeitern, einem Jahresetat von fünf Mio. DM und der Aufgabe, für das nach Hassemer "wahrscheinlich schönste Theater von Berlin" ein eigenes Profil zu entwickeln. Die Arbeit des Hauses soll dabei auf drei Pfeilern ruhen: Gastspiele, Sonderproduktionen anderer Berliner Bühnen, die auf das Hebbel-Theater und seine Bedingungen zugeschnitten sind, und Inszenierungen Freier Gruppen.

Vor dem Bundesausschuß der CDU, dem "kleinen Parteitag" im Reichstag appelliert Bundeskanzler Kohl an die Delegierten, ungeachtet der Probleme in den eigenen Reihen und unbeeindruckt von "Anfeindungen von links" in den Wahlen der nächsten beiden Jahre entschlossen "für den Sieg zu kämpfen", schließlich sei die Bundesregierung "die erfolgreichste Regierung im freien Teil Europas". Der Bundesausschuß verabschiedet eine Grundsatzerklärung zur Berlin-Politik, worin der Stadt eine Brückenfunktion für das Ost-West-Verhältnis zugewiesen wird. Fortschritte im Verhältnis zur DDR und zu den anderen Staaten des Warschauer Paktes könne es nur bei voller Einbeziehung Berlins geben. Die DDR bleibt aufgefordert, durch Kooperation mit West-Berlin den hier vorhandenen technischen und wirtschaftlichen Sachverstand zur Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft zu nutzen, u. a. durch eine ständige Umweltkonferenz beider Teile der Stadt. Weiter erwarte die CDU von den Mitgliedern der EG ein stärkeres Berlin-Engagement und die Ansiedlung europäischer Einrichtungen.

Die von dpa gemeldeten Planungen über den Bau eines "Nationalstadions der DDR" und einer großen "Sporthalle der Republik" in Ost-Berlin dementieren sowohl der von dpa zitierte stellv. DTSB-Vorsitzende Rainer Lotsch als auch der im Staatssekretariat für Körperkultur zuständige Architekt Wolfgang Krotschel gegenüber dem "Tagesspiegel". Zwar bestätigen beide vorhandene Wünsche nach solchen Sportstätten, doch existierten zur Zeit überhaupt keine zeitlichen und finanziellen Vorstellungen. Die Stadtplanung beschäftigt sich lediglich bei der Feststellung bestimmter Areale auch mit Sportprojekten, "wo so etwas vielleicht einmal gebaut werden könnte".

1989

DDR-Ministerpräsident Modrow und der Regierende Bürgermeister Momper erörtern in ihrem fast dreistündigen Gespräch im Ost-Berliner Hotel "Johannishof" Möglichkeiten einer Erweiterung der Zusammenarbeit zwischen der DDR und West-Berlin, wobei sie im einzelnen die Eröffnung neuer Grenzübergangsstellen, die Wiederherstellung von S- und U-Bahnverbindungen und die Einrichtung planmäßiger Fernverkehrsverbindungen der Eisenbahn ansprechen. Beide Seiten wollen zudem darauf hinwirken, beide Teile der Stadt zu einem Zentrum neuer Impulse für die Ost-West-Zusammenarbeit im Herzen Europas werden zu lassen.

1990

In der zweiten Verhandlungsrunde von CDU und SPD über die Bildung einer großen Koalition (vgl. 11. Dezember) stecken die beiden Parteien ihre Grundpositionen zu Sachfragen ab und setzen zehn Arbeitsgruppen ein.

Der designierte Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen trifft sich in Potsdam mit Brandenburgs Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und weiteren Fachministern. Schwerpunkte ihres Gespräches sind Medien-, Verkehrs- und Wirtschaftspolitik sowie der Aufbau gemeinsamer Institutionen (gemeinsame Gerichte, Wirtschaftsförderungsorganisationen und Institutionen aus dem Bereich des Arbeitsmarkts).

1990

Im Erika-Heß-Eisstadion in Berlin-Wedding finden die 89. Deutschen Eiskunstlauf-Meisterschaften - die ersten gesamtdeutschen Eiskunstlauf-Meisterschaften seit 1944 - statt. Bei den Damen holt sich Marina Kielmann (Dortmund) den Titel, bei den Herren Daniel Weiss (Ingolstadt); beim Paarlauf siegen Mandy Wötzel/Axel Rauschenbach (Chemnitz), beim Eistanz Saskia Stähler/Sven Authorsen (Siegen/Essen).

1991

Der Deutsche Bundestag (67. Sitzung, 12. Wahlperiode) lehnt mit den Stimmen der Regierungskoalition die Verlängerung der Mietpreisbindung für Altbauten in Berlin ab. (Vgl. 14. November, 4. Dezember.) Damit läuft Ende 1991 die Regelung aus, daß bei Neuvermietungen die Mieten für Altbauwohnungen um höchstens zehn Prozent angehoben werden dürfen.

Der Ältestenrat des Deutschen Bundestags billigt den Zwischenbericht der Konzeptkommission, wonach für den Parlamentsumzug von Bonn nach Berlin (vgl. 20. Juni) eine Lösung aus Neu- wie Altbauten in unmittelbarer Nähe des Reichstagsgebäudes angestrebt wird. Die Arbeitsfähigkeit des Bundestags ist in dem Bericht der Konzeptkommission am Status quo der Arbeitsbedingungen des Bundestags in Bonn vom Juni 1991 definiert. Der Ältestenrat legt vier Kriterien für das Bestehen der Arbeitsfähigkeit fest: Das Reichstagsgebäude müsse für die dauerhafte Nutzung umgebaut sein; im Reichstagsgebäude und in seiner Nähe müsse ausreichend Fläche für Abgeordnete, Fraktionen, Mitarbeiter und Verwaltung zur Verfügung stehen; die Bundesregierung müsse so in Berlin präsent sein, daß sie ihrer Verantwortung gegenüber dem Parlament nachkommen könne; die Bundestagsabgeordneten und die Mitarbeiter der Abgeordneten, Fraktionen und der Bundestagsverwaltung müßten mit zumutbaren Wohnungen versorgt sein. Im Ältestenrat besteht Einvernehmen, daß sich das "Parlament der kurzen Wege" um das Reichstagsbebäude als zentrales Gebäude des Bundestags gruppieren müsse. Die volle Funktionsfähigkeit von Bundestag und Bundesregierung soll durch Neubauten östlich des Reichstags und nördlich des Pariser Platzes, im Spreebogen und auf Flächen jenseits der Spree sowie durch Altbauten unweit des Reichstags verwirklicht werden. Dabei sollen für eine dauerhafte Nutzung nur die ehemaligen DDR-Ministerien für Außenhandel und Volksbildung sowie die Akademie der Pädagogischen Wissenschaften in Betracht kommen. Die beschlossene Arbeitsteilung zwischen Berlin und Bonn soll durch ein Gesetz verwirklicht werden. Neben Berlin als Bundeshauptstadt soll Bonn als "Bundesstadt" firmieren.

Der Aufsichtsrat der Berliner Olympia GmbH beschließt auf seiner Sitzung im Roten Rathaus, daß Axel Nawrocki ? Manager bei der Treuhandanstalt ? neuer Geschäftsführer der Gesellschaft werden und sein Amt im Februar 1992 antreten soll. (Vgl. 20. September.)

Flugzeuge müssen nicht mehr in den alten Luftkorridoren nach Berlin fliegen. Es gibt ein neues System von Ein- und Ausflugstrecken für die Berliner Flughäfen.

1992

Auf dem Landesparteitag der Berliner PDS wird Petra Pau, die den Landesverband seit Oktober kommissarisch leitet, zur neuen Landesvorsitzenden gewählt. Die Lehrerein ? einzige Kandidatin ? erhält 141 von 175 gültigen Stimmen. Sie ist Nachfolgerin von André Brie. (Vgl. 23. Oktober.)
   Die Berliner PDS unterstützt die Position des Parteivorstands, wonach Mandats- und Funktionsträger der PDS künftig nicht nur ihre mögliche Stasi-Vergangenheit, sondern ihre gesamte politische Biografie offenlegen sollen. Für einen entsprechenden Antrag votieren 99 Delegierte; 71 sprechen sich gegen den Antrag aus.

1993

Nach dreistündigen Beratungen Koalitionsausschusses von CDU und SPD stellen der CDU-Landesvorsitzende und Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen sowie der SPD-Landesvorsitzende Ditmar Staffelt klar, daß Berlin dem vorliegenden Modell zur Einführung der Pflegeversicherung am 17. Dezember im Bundesrat nicht zustimmen werde. Beide betonen, daß sie die schnellstmögliche Einführung der Pflegeversicherung wünschten, fordern aber die Bundesregierung auf, nach dem zu erwartenden Scheitern des Gesetzes im Bundesrat ein neues Vermittlungsverfahren einzuleiten.
   Der Koalitionsstreit scheint damit beigelegt. Er wurde durch das Abstimmungsverhalten von Bundessenator Peter Radunski im Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat ausgelöst. Radunski stimmte entgegen der Senatslinie dem Modell der Bonner Koalition von CDU/CSU und F.D.P. zur Pflegeversicherung zu, das unter anderem die Streichung von zwei Feiertagen als Kompensation für die Arbeitgeber zur Finanzierung der Pflegeversicherung vorsieht. Daraufhin drohte Staffelt mit der Kündigung der Koalition, falls Berlin auch im Bundesrat dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses zustimmen sollte.
   Am 17. Dezember lehnt der Bundesrat in seiner ... Sitzung das Pflegegesetz mit der Mehrheit der SPD-regierten Länder ab. Die Länderkammer spricht sich gleichzeitig für ein neues Vermittlungsverfahren aus.

Die Internationale Liga für Menschenrechte zeichnet in der Kongreßhalle (Berlin-Tiergarten) den türkischen Schriftsteller Aziz Nesin und Niedersachsens den Behindertenbeauftragten des Landes Niedersachsen, Karl Finke, mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille aus. Die Medaille wird den beiden für ihren engagierten und couragierten Einsatz für Demokratie und Menschenrechte verliehen.

Bei der Turn-Gala in der Deutschlandhalle in Berlin-Charlottenburg werden Berlins Sportler 1993 geehrt. Gewinner der erstmals in einer Gemeinschaftsaktion Berliner Medien durchgeführten Sportlerwahl sind die Schwimmerin Franziska van Almsick _ 1993 sechs EM-Titel _, der Turner Andreas Wecker _ dreifacher WM-Medaillengewinner _ sowie die Fußball-Amateure von Hertha BSC und deren Trainer Jochem Ziegert, der die Amateurmannschaft bis ins Endspiel des DFB-Pokals führte. (Vgl. 12. Juni, 8. August.)

1994

Auf dem Sonderparteitag der Berliner SPD im ICC (Berlin-Charlottenburg) wird der Bezirksbürgermeister von Berlin-Reinickendorf, Detlef Dzembritzki, zum neuen Landesvorsitzenden und Nachfolger von Ditmar Staffelt, der am 31. Oktober überraschend zurückgetreten ist, gewählt. (Vgl. 31. Oktober.) 233 Delegierte stimmen für den 51jährigen Dzembritzki; 32 Delegierte votieren für den Gegenkandidaten, den 26jährigen Juso-Vorsitzenden Daniel Buchholz. Dzembritzki war seit Ende Oktober 1992 stellvertretender Parteichef und wurde nach Staffelts Rücktritt kommissarisch als Parteichef eingesetzt.
   Stellvertretende Landesvorsitzende wird Gerlinde Schermer, seit Januar 1991 Mitglied des Abgeordnetenhauses. Sie setzt sich in einer Kampfabstimmung im zweiten Wahlgang mit 138 zu 125 Stimmen gegen Reinhard Kraetzer, Sozialstadtrat in Berlin-Prenzlauer Berg, durch.
   Der Parteitag nimmt in geheimer Abstimmung mit 169 gegen 64 Stimmen bei zwei Enthaltungen einen Antrag an, wonach eine Koalition von SPD und PDS nach den Berliner Wahlen im Oktober 1995 ausgeschlossen wird. Auch andere SPD-geführte Koalitionen, die der Tolerierung durch die PDS bedürfen, soll es nicht geben.

1995

Der Umbau des Reichstagsgebäudes sei exakt im Zeit- und Kostenrahmen, sagt Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth bei einem Besuch der Baustelle. (Vgl. 1. Feb. 1995.) Begleitet wird sie vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Herwig Haase, vom Architekten Sir Norman Foster, nach dessen Planungen gebaut wird, und von anderen.

Im BMW-Haus am Kurfürstendamm werden Berlins Sportler des Jahres geehrt. Die meisten Stimmen vereinigen die Marathonläuferin Uta Pippig, der Reck-Weltmeister Andreas Wecker, die Basketballer des Korac-Cup-Gewinners Alba Berlin und dessen Trainer Svetislav Pesic auf sich.

1997

Das Abgeordnetenhaus verabschiedet in seiner 38. Sitzung (13. Wahlperiode) das Haushaltsgesetz 1998 und das Haushaltsstrukturgesetz 1998 mit den Stimmen von CDU und SPD. (Vgl. 28. Aug. 1997.) Das Gesamtvolumen des Etats beträgt 44,8 Milliarden DM. Die Nettokreditaufnahme wird um 650 Millionen DM auf 4,8 Milliarden DM gesenkt. (Vgl. 28. Feb. 1997.) Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing sagt: "Der Haushalt 1998 schafft mehr Sicherheit, daß der Finanzkollaps abgewendet wird. Dieser Haushalt ist zukunftsgerichtet, weil unser Geld planvoller eingesetzt wird. Dieser Haushalt ist gerecht, weil er dort stärker umsteuert, wo das angebracht ist. Dieser Haushalt ist mutig, weil er nicht mehr so tut, als ließen sich Berliner Wunder aus der Portokasse bezahlen."
Im Rahmen des Haushaltsstrukturgesetzes beschließen die Abgeordneten auch die Einführung einer Zweitwohnungssteuer (Steuersatz: fünf Prozent der jährlichen Nettokaltmiete), mit der die Menschen dazu bewegt werden sollen, ihren Erstwohnsitz in Berlin anzumelden. Pro Person erhält die Landesregierung dann nämlich 5 500 DM mehr aus dem Länderfinanzausgleich. Jeder Einwohner, der länger als ein Jahr eine Zweitwohnung in Berlin besitzt, muß die Steuer zahlen. Dadurch haben Neuberliner praktisch eine einjährige Bedenkzeit. Wer bereits länger als ein Jahr eine Zweitwohnung hat, kann bis Ende Mai 1998 überlegen, ob er in Berlin seinen Hauptwohnsitz anmeldet.

1999

Zwei iranische Autorinnen - Monireh Baradaran und Simin Behbahani - werden mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte ausgezeichnet. Die Präsidentin der Liga, Fanny-Michaela Reisin, würdigt im Haus der Kulturen der Welt in Berlin-Tiergarten Kraft und Mut beider Frauen, die gleichberechtigt und selbstbestimmt an der Gestaltung einer zivilen Gesellschaft teilhaben wollen.

2000

Im Alter von 70 Jahren stirbt in Berlin der Generalintendant und Chefregisseur der Deutschen Oper Berlin, Götz Friedrich. Mit seinen mehr als 160 Inszenierungen galt Friedrich als einer der großen europäischen Opernregisseure. Fast 20 Jahre lang leitete er das Haus in Berlin-Charlottenburg. Berühmt wurde sein "Ring des Nibelungen". Seine letzte große Inszenierung war Giuseppe Verdis "Luisa Miller". Im Sommer 2001 sollte er sein Amt an den Leipziger Intendanten Udo Zimmermann übergeben.
Am 20. Dez. findet in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin-Charlottenburg der Trauergottesdienst statt. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen sagt in seiner Gedenkrede, Götz Friedrich habe "das Musikleben, die Kultur der Hauptstadt maßgeblich geprägt". Zur Trauergemeinde zählen Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, Kultursenator Christoph Stölzl und der designierte Generalintendant der Deutschen Oper Berlin, Udo Zimmermann. Die Beisetzung findet auf dem Waldfriedhof Zehlendorf statt.
Am 13. Jan. 2001 verabschiedet sich die Deutsche Oper Berlin mit einer Gedenkfeier von Götz Friedrich. Es werden mehrere Gedenkreden gehalten. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen verspricht, Friedrichs Haus werde auch künftig "eine Säule des Kulturlebens" in Berlin bleiben. Dem verstorbenen Generalintendanten wird postum die Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Oper Berlin verliehen.

2004

Mit der Eröffnung der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke dauert die Zugfahrt zwischen Berlin und Hamburg nur noch 90 Minuten und ist damit über eine halbe Stunde kürzer als bisher. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe und Bahn-Chef Hartmut Mehdorn weihen die rund 650 Millionen Euro teure, 287 Kilometer lange Verbindung mit einer Fahrt von der Hanse- in die Hauptstadt ein.
Im Haus der Kulturen der Welt in Tiergarten werden der Berliner Verwaltungsrichter Percy MacLean und drei Verfolgte des NS-Regimes - Esther Bejarano, Peter Gingold und Martin Löwenberg - mit der diesjährigen Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte ausgezeichnet. Sie erhalten den Preis für ihren auf "unterschiedliche Weise geführten politischen und rechtlichen Kampf gegen Diskriminierung, Rassismus und Neonazismus".

2006

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert, der in seiner Eigenschaft als Regierungs-chef zum ersten Mal Deutschland besucht, gedenkt der von den Nationalsozialisten ermordeten Juden und legt gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und der Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, an der Gedenkstätte am Bahnhof Grunewald Kränze nieder. Olmert sagt, das Grauen sei nach wie vor gegenwärtig.

2008

Zum Gedenken an den Studenten Benno Ohnesorg (1940-1967), der am 2. Juni 1967 vor der Deutschen Oper in Charlottenburg an einer Demonstration gegen den zu Besuch in West-Berlin weilenden Schah von Persien teilnahm und im Hof des Hauses Krumme Straße 66/67 von dem Polizeibeamten Karl-Heinz Kurras erschossen wurde, wird am Ort des Geschehens an der Krummen Straße eine Informationstafel enthüllt. "Die Tafel erinnert an den Tod eines Studenten, der keine Gelegenheit hatte, sich durch seine persönlichen Leistungen, Äußerungen oder Handlungen in die öffentliche Erinnerung einzuschreiben", sagt Kulturstaatssekretär André Schmitz. Ohnesorg stehe mit seinem Tod für einen Wendepunkt in der westdeutschen Studentenbewegung.

2010

Mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2010 der Internationalen Liga für Menschenrechte sollte der israelische Nukleartechniker Mordechai Vanunu ausgezeichnet werden. »Mordechai Vanunu setzt sich seit einem Vierteljahrhundert mit Zivilcourage und herausragender Standhaftigkeit für die vollständige atomare Abrüstung, für transparente Demokratie und für Frieden zwischen den Nationen ein«, so die Begründung. Da Vanunu nicht aus Israel ausreisen darf, um die Medaille in Berlin entgegenzunehmen, gibt es statt des Festakts eine Protestveranstaltung im Grips-Theater in Mitte.

2011

Der Senator für Justiz und Verbraucherschutz, Michael Braun (siehe 30. November), tritt wegen Vorwürfen im Zusammenhang mit umstrittenen Immobilienverkäufen zurück.

2013

Das Abgeordnetenhaus verabschiedet in seiner 40. Sitzung (17. Wahlperiode) den Landeshaushalt für 2014 und 2015. Für den Doppeletat stimmen die Regierungsfraktionen SPD und CDU, dagegen stimmt die Opposition aus Grünen, Linken und Piraten. Die bereinigten Ausgaben betragen pro Jahr rund 23 Milliarden Euro, die Einnahmen liegen knapp darunter. So kann Berlin bereits von 2014 an ohne neue Schulden auskommen.

2014

Wie die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) bekannt gibt, hat sie »Lichtgrenze« zum Wort des Jahres 2014 gewählt. Im November verzauberte die temporäre Installation »Lichtgrenze« mit Tausenden leuchtender Ballons, die den Verlauf der Berliner Mauer nachzeichneten und dann in den Himmel schwebten, viele Menschen. (Siehe 9. November.) Die GfdS: »Das Wort bezieht sich auf die Lichtinstallation zum Anlass der Feierlichkeiten ›25 Jahre Mauerfall‹ in Berlin. Es spiegelt in besonderer Weise die großen Emotionen wider, die das Ende der DDR im Herbst 1989 auch 25 Jahre später noch in ganz Deutschland hervorruft. Über 8 000 weiße, leuchtende Ballons erinnerten auf einer Länge von 15 Kilometern an den Verlauf der Berliner Mauer und die frühere Teilung der Stadt. Die filigrane Durchlässigkeit der Installation und das Aufsteigen der Ballons auf dem Höhepunkt der Feierlichkeiten symbolisierten beeindruckend die Auflösung und Aufhebung der einst in jeder Hinsicht dunklen Demarkationslinie.«

2015

Die Tragikomödie »Ewige Jugend« (»Youth«) (Italien/Frankreich/Schweiz/Großbritannien) wird bei der Verleihung des 28. Europäischen Filmpreises der Europäischen Filmakademie im Haus der Berliner Festspiele in Wilmersdorf als bester europäischer Film ausgezeichnet und erzielt zwei weitere Siege: beste Regie (Paolo Sorrentino) und bester Darsteller (Michael Caine).

2018

Der Schlagersänger und Komponist Howard Carpendale wird vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller empfangen und trägt sich in dessen Arbeitszimmer im Berliner Rathaus in das Gästebuch von Berlin ein. Anlass ist das 50-jährige Bühnenjubiläum von Howard Carpendale, dessen Karrierestart mit Berlin eng verbunden ist. Vor 50 Jahren produzierte Paul Kuhn (1928–2013), der langjährige Leiter des SFB-Tanzorchesters, Carpendales erste Single »Lebenslänglich«, die in den Berliner Hansa-Studios aufgenommen wurde.

2019

Das Abgeordnetenhaus beschließt in seiner 51. Sitzung (18. Wahlperiode) den Landeshaushalt für 2020 und 2021. Das Haushaltsvolumen beträgt 2020 31,021 Milliarden Euro, 2021 32,277 Milliarden Euro.


Zitierform: Berlin - Chronik. Online-Version : Hrsg. vom Landesarchiv Berlin. - URL: http://www.berlin-chronik.de (Stand: 12.12.2024)