Was geschah am 13.06. im Jahr ...

1945

Das Hauptamt für Planung - Grünplanung bei der Abteilung für Bau- und Wohnungswesen des Magistrats bittet den Polizeipräsidenten in einem Schreiben um geeignete Maßnahmen zur Verhinderung des Holzdiebstahls in den öffentlichen Grünanlagen, insbesondere im Tiergarten. Wegen des Mangels an Brennmaterial ist die Bevölkerung teilweise dazu übergegangen, selbständig Bäume in den Straßen, in Parks und auf Grünplätzen zu fällen, um Brennholz zu erhalten.

In Berlin erscheint zum erstenmal und als erste Zeitung der neu zugelassenen politischen Parteien die "Deutsche Volkszeitung. Zentralorgan der Kommunistischen Partei Deutschlands". Chefredakteur ist Paul Wandel.

Wegen des starken Kohlenmangels beginnen die Bäcker in Neukölln auf Anordnung des Bezirksamtes jeweils zu dritt einen Backofen in drei Schichten zu benutzen. Hierdurch soll die für das jeweilige Anheizen einzelner Öfen benötigte Kohlenmenge eingespart werden. Auch in anderen Bezirken werden ähnliche Sparmaßnahmen eingeführt.

1946

Die Alliierte Kommandantur weist mit BK/O (46) 260 den Magistrat an, bis zum 30. Juni 1946 ein Gesetz für die Kontrolle der Herstellung und des Vertriebs pharmazeutischer, biologischer und kosmetischer Erzeugnisse auszuarbeiten und vorzulegen.

Die Kommandanten lehnen mit BK/O (46) 261 eine Entscheidung über das Eigentum und die Guthaben der ehemaligen SPD ab. Einige Mitglieder des ehemaligen Zentralausschusses der SPD, Otto Grotewohl, Max Fechner und Erich Gniffke, hatten in einem Schreiben vom 9. Mai 1946 um diese Entscheidung gebeten. Die Kommandanten stellen fest, daß sich die Beteiligten im Geiste gegenseitigen Verständnisses selbst hierüber einigen und, falls dies nicht möglich ist, an die zuständigen deutschen Behörden wenden sollen.

Mit BK/O (46) 263 erläßt die Alliierte Kommandantur eine Neufassung der gesetzgeberischen Befugnisse des Magistrats. Alle Beschlüsse des Magistrats und des Polizeipräsidenten, die Gesetzeskraft haben sollen, müssen vorher von der Alliierten Kommandantur genehmigt werden. Alle Ausführungsbestimmungen, Verwaltungsanordnungen usw. sind ihr zur Kenntnisnahme vorzulegen.

Auf der Konferenz der Bezirksbürgermeister berichtet ein Vertreter des Rechtsamtes des Magistrats über das Vereinswesen. Angesichts der verworrenen Situation des Vereinswesens, die durch mehrere, sich vielfach widersprechende Befehle der Besatzungsmächte entstanden ist, hat der Magistrat die Alliierte Kommandantur gebeten, klare Rechtsverhältnisse zu schaffen

In einer anschließenden Aussprache über Finanzfragen kommt es noch einmal zu einer längeren Debatte über die Frage eines gleichmäßigen Haushaltsausgleichs zwischen den Bezirken. Bürgermeister Maron (SED) sagt abschließend, der Magistrat habe sich klar gegen die früher übliche Haushaltsaufstellung gewandt, bei der bestimmte Interessengruppen verstanden hätten, für die westlichen Bezirke besondere Privilegien herauszuholen. Der Magistrat werde sich, wenn notwendig, nochmals mit dieser Frage befassen.

Stadtrat Otto Winzer (SED) berichtet über die geplante Ferienaktion für Kinder aus den Innenbezirken. Insgesamt sollen während der Sommerferien vom 26. Juli bis 3. September 1946 etwa 42 000 Kinder täglich auf Spielplätzen und Grünflächen in den Randbezirken Erholung finden können. Sie erhalten mit Hilfe des Internationalen Roten Kreuzes Schulspeisung und werden von geschultem Personal beaufsichtigt.

1946

Bei der Deutschen- Zentralverwaltung für Handel und Versorgung in der sowjetischen Besatzungszone findet die erste Konferenz zwischen Wirtschaftsvertretern der Besatzungsmächte und der deutschen Verwaltungen aus der sowjetischen und amerikanischen Besatzungszone über Interzonenhandelsfragen statt, um zu versuchen, die Voraussetzungen zu einer einheitlichen deutschen Wirtschaftspolitik zu schaffen. Die Teilnehmer stellen eine Liste von Waren zusammen, deren Austausch sofort möglich ist. Diese in Höhe von jährlich 400 Millionen RM vorgesehenen Kompensationsgeschäfte sollen so bald wie möglich in echte Handelsgeschäfte auf Clearingbasis umgewandelt werden. Zur Durchführung dieser Beschlüsse wird ein ständiger Ausschuß aus je einem Vertreter der beteiligten deutschen Länderregierungen gebildet.

1947

68. Sitzung der Alliierten Kommandantur. Die Kommandanten nehmen Kenntnis von der Übersendung ihrer auf Grund der Entscheidungen des Kontrollrats vom 31. Mai 1947 und 10. Juni 1947 erlassenen Anordnung BK/O (47) 145 zur Oberbürgermeisterwahl an den Magistrat von Groß-Berlin.
Sie beschließen ferner eine Erhöhung der Teilnehmerzahl der Bezieher der Lebensmittelkarten-Gruppen I und II um 4, beziehungsweise um 30 Prozent sowie eine Erhöhung der Stromzuteilungen für den Haushaltsbedarf.
Die Kommandanten erörtern einen Antrag des Weltbundes der demokratischen Jugend, in Berlin eine internationale Tagung abzuhalten. Sie kommen jedoch zu keinem Beschluß, da nach Ansicht des amerikanischen Vertreters die Alliierte Kommandantur eine internationale Jugendorganisation offiziell nicht anerkennen könne, zumal es den vier alliierten Mächten bis zur Stunde nicht gelungen sei, sich über ein einheitliches Jugendprogramm für Deutschland zu einigen. Die Kommandanten genehmigen einen internationalen Briefaustausch zwischen Schülern.

Auf der Sitzung des Rates der Bezirksbürgermeister wird festgestellt, daß sich bei der Behandlung von Zulassungsanträgen nichtpolitischer Organisationen Schwierigkeiten nur bei der Entscheidung ergeben, wo die Grenze zwischen politischen und nichtpolitischen Organisationen zu ziehen sei.
Die Weizenvorräte sind nach Mitteilung eines Vertreters der Magistratsabteilung für Ernährung so gering, daß nur 10 Prozent des Bedarfs gedeckt werden können. Trotz des Anwachsens von Magenerkrankungen kann Weißbrot weiterhin nur auf amtsärztliches Attest abgegeben werden.
Der Magistrat teilt den Bezirksbürgermeistern mit, daß die Baustoffbeschaffung und -bewirtschaftung in engster Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen für Wirtschaft und für Bau- und Wohnungswesen nach einer neu festgelegten Abgrenzung durchgeführt wird.

Das Hauptamt für Verbrauchsregelung des Magistrats erläßt Richtlinien über den Papierverbrauch der städtischen Behörden, da der Mangel an Schreibmaschinenpapier und Briefumschlägen einen derartig katastrophalen Umfang erreicht hat, daß der schriftliche Behördenverkehr zusammenzubrechen droht.

Auf einer Funktionärversammlung der SED im Friedrichstadt-Palast mit dem Thema "München-Berlin, Kampf gegen die Zerreißung Deutschlands", richtet das Mitglied des Zentralkomitees, Walter Ulbricht, scharfe Angriffe gegen führende Persönlichkeiten der westlichen Welt, unter anderem gegen den amerikanischen Außenminister Marshall und den Wirtschaftsbeauftragten Hoover wegen ihres Planes einer Wirtschaftshilfe für Europa. Er bezichtigt sie der Bildung eines Dollarblocks in Westeuropa und Teilen Deutschlands sowie der Einführung der freien Wirtschaft und bezeichnet den Zweizonen-Wirtschaftsrat als ein autoritäres Organ auf föderalistischer Grundlage.
Dagegen müsse das Potential der Sowjetunion und der demokratischen Länder verstärkt werden, weil davon der Sieg der Demokratie in Deutschland abhänge. Berlin werde erst dann an dem wirtschaftlichen Aufschwung der sowjetischen Besatzungszone teilnehmen können, wenn es sich von den Sozialdemokraten unter der Leitung der Herren Neumann, Reuter, Klingelhöfer getrennt habe.
Ferner bedauert Ulbricht mit Hinweis auf die Verhaftungen in der sowjetischen Besatzungszone und im sowjetischen Sektor von Berlin, daß diese noch nicht früher und in verstärktem Maße durchgeführt worden sind.

1948

Für den Kraftfahrzeugverkehr zwischen Berlin und der sowjetischen Besatzungszone sind von sofort an in beiden Richtungen Fahrbefehle erforderlich, die ausschließlich von sowjetischen Dienststellen ausgegeben werden.

Nach seiner Freigabe durch die britische Militärregierung ist der Funkturm wieder deutschen Besuchern zugänglich.

Mit einem Städtekampf Bremen-Berlin im Poststadion eröffnet der Berliner Fußballsport aus Anlaß seines 60-jährigen Bestehens die Reihe seiner Jubiläumsveranstaltungen. Die Berliner Mannschaft besiegt die Gäste mit 3:2 Toren.

Nach der Ruder-Regatta in Grünau beschließt die Spartenleitung, wegen der großen Schwierigkeiten dort keine Regatten mehr zu veranstalten.

1949

Die Alliierte Kommandantur lehnt mit BK/O (49) 115 das Gesetz zur Förderung des Wiederaufbaues von Wohngrundstücken ab, da der Magistrat als Voraussetzung dafür erst das Gesetz über eine Währungsgewinnabgabe oder einen Lastenausgleich vorlegen soll.

Der Magistrat des sowjetischen Sektors veröffentlicht eine Verordnung über die Durchführung und Finanzierung des Volkswirtschaftsplanes für 1949, der rückwirkend zum 1. Januar 1949 in Kraft tritt. Der Plan sieht vor, die Industrieproduktion gegenüber dem Vorjahre um 17 Prozent zu erhöhen. Der Finanzbedarf für Generalreparaturen beim Wiederaufbau und bei der Erweiterung der wissenschaftlichen und kulturellen Institutionen, der städtischen Wirtschaft und des Wohnraums wird für das Jahr 1949 auf 220 Millionen DM (Ost) festgesetzt.

1950

Die Alliierte Kommandantur hebt mit BK/L (50) 79 für Berlin eine Reihe von Einschränkungen im internationalen Telegrafendienst auf und gestattet mit BK/L (50) 80 den Verkauf von internationalen Rückanwortscheinen der Post.

Der Leiter des Ostberliner Instituts für Bauwesen, Professor Scharoun, eröffnet im sowjetischen Sektor eine Ausstellung über Leben und Werk des Architekten Otto Haesler, die anläßlich seines 70. Geburtstages veranstaltet wird. Haesler ist seit 1946 Leiter des Wiederaufbaues der im Kriege stark zerstörten Stadt Rathenow.

1951

Die amerikanische Hochkommission in Bonn teilt mit, daß das vom amerikanischen Oberstaatsanwalt in Berlin, Irvin Robbins, am Vortage eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen den jetzt in Bad Homburg v. d. H. lebenden ehemaligen Berliner Rechtsanwalt Dr. Hans Kemritz niedergeschlagen wurde. Nach dem Untersuchungsergebnis habe Kemritz in den ersten Nachkriegsjahren "einen wertvollen Beitrag zur Sicherheit des Westens geleistet".
Das jedoch am Vortage auf Weisung des Senators für Justiz, Dr. Kielinger, vom Generalstaatsanwalt beim Landgericht Berlin eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Kemritz läuft weiter. Der hessische Ministerpräsident Dr. Zinn übergibt daraufhin das ihm vorliegende Belastungsmaterial der SPD-Bundestagsfraktion, damit sich das Parlament mit diesem Fall beschäftigen kann.
Kemritz betrieb vom Herbst 1945 bis Anfang 1947 eine Anwaltspraxis im sowjetischen Sektor und wird von verschiedenen West-Berliner Organisationen der Beihilfe zum Menschenraub auf Weisung sowjetischer Organe beschuldigt. Daher war er von den hessischen Behörden am 4. November 1950 verhaftet und sechs Wochen später gegen eine Kaution von 5000 DM aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Am 15. Dezember 1950 teilte dann das Landgericht Frankfurt/Main mit, daß der amerikanische Landeskommissar für Hessen das Verfahren gegen Dr. Kemritz an sich gezogen und an das zuständige amerikanische Bezirksgericht in Berlin gegeben hatte.

1951

Auf der 6. Tagung des ZK der SED referiert Generalsekretär Ulbricht auch über das Ergebnis der "Volksbefragung" im "demokratischen Sektor von Berlin" und stellt dabei fest, "daß in der Arbeit der Partei und der demokratischen Massenorganisationen in Berlin etwas nicht in Ordnung ist". Die Mehrzahl der Mitglieder der SED und der anderen Parteien und Massenorganisationen habe an der Werbearbeit am 3. Juni, dem ersten Tag der "Volksbefragung", nicht teilgenommen, so daß nur 65 Prozent mit "Ja" gestimmt hätten. Sowohl der SED als auch den "anderen Massenorganisationen" wirft Ulbricht vor, ungenügend gerüstet zu sein, um der Demagogie und der Verleumdungspropaganda des Gegners überzeugend entgegentreten zu können. Der Verlauf der "Volksbefragung" habe klar gezeigt, daß die Berliner SED breitere Kreise parteiloser Bürger noch nicht zur Arbeit für den Frieden und für die Einheit eines demokratischen Deutschlands aktivieren konnte. Deshalb sei es notwendig, die Arbeit der Parteiorganisation im "demokratischen" Sektor bedeutend zu verbessern, damit in ganz Berlin die Bereitschaft zur Durchführung großer Aufgaben wächst.
Das Politbüro habe nach Besprechungen mit Vertretern der Berliner Parteiorganisation dem ZK den Entwurf einer Entschließung vorgelegt, die in allen Leitungen und Grundeinheiten durchgearbeitet werden solle. Für sie bestehe die Hauptaufgabe der nächsten Zeit darin, das Schwergewicht der Parteiarbeit vor allem in die Betriebe West-Berlins zu verlagern. Die Mitgliedersperre in West-Berliner Betrieben ist aufzuheben, um die aktivsten und besten Betriebsarbeiter für die Partei zu gewinnen; für die Wohngebietsorganisationen in den Westsektoren bleibt die Sperre jedoch bestehen.

1952

Der "Demokratische Block" protestiert auf seiner Tagung gegen die Unterzeichnung der Bonner und Pariser Verträge durch Bundeskanzler Dr. Adenauer, weil damit die unheilvolle Spaltung Deutschlands in verhängnisvoller Weise vertieft, die Besetzung Westdeutschlands auf unabsehbare Zeit verlängert und der Weg zum baldigen Abschluß eines Friedensvertrages verbaut würden. Außerdem wären durch die Umwandlung Westdeutschlands in ein Protektorat Amerikas und ein Aufmarschgelände für den Angriffskrieg am unmittelbarsten die "DDR", ihre "demokratischen Errungenschaften" und ihre immer erfolgreicher entwickelte Friedenswirtschaft, aber auch alle Nachbarvölker bedroht.
Die Ablehnung des sowjetischen Vorschlages durch die Westmächte, dem wiedervereinigten Deutschland nationale Streitkräfte zuzugestehen, zwinge dazu, in der "DDR" eigene Streitkräfte aufzustellen, denn wer gegenüber dem Angreifer den Frieden nicht mit der Waffe zu schützen bereit sei, ermuntere ihn nur und gefährde den Frieden. Deshalb rufe der "Demokratische Block" alle Bürger der "DDR" auf, die große Aufklärungsarbeit für die Rettung des Friedens weiter zu organisieren und die Losung des IV. FDJ-Parlaments in Leipzig (27.-30. Mai 1952) "Bereit zum Schutze unserer Heimat und zur Verteidigung des Friedens" zum Gemeingut aller deutschen Patrioten werden zu lassen.
Das ureigenste Interesse der Nation erheische, daß die "deutschfeindliche" Adenauer-Regierung vom Volk selbst hinweggefegt werde, das deutsche Volk in Ost und West in engster Kampfgemeinschaft zur Verteidigung des Friedens zusammenstehe und die Ratifizierung der Verträge von Bonn und Paris verhindere.

1953

Das Organ der sowjetischen Besatzungsbehörden in Deutschland, "Tägliche Rundschau", gesteht in einem Kommentar zum "Neuen Kurs" ein, daß die ehemalige Sowjetische Kontrollkommission "in gewissem Grade ebenfalls für die begangenen Fehler verantwortlich ist". Da die von der SED und der "DDR"-Regierung getroffenen Maßnahmen in den Bezirken, Kreisen und Orten durch "erhebliche Überspitzungen" noch verschärft wurden, habe sich die Stimmung einiger Bevölkerungsschichten in letzter Zeit verschlechtert; vielfach mache sich bei ihnen eine Unsicherheit hinsichtlich ihrer Lage bemerkbar. Die neuen Beschlüsse zeigten jedoch, daß die "DDR eine wirklich demokratische Regierung" habe, die ehrlich dem Volke diene und um seine Fürsorge bemüht sei. In ihnen komme "der gute Wille und der Wunsch zum Ausdruck, in nächster Zeit entscheidende Fortschritte im Kampf für die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands, für die Schaffung eines geeinten, souveränen und wirtschaftlich starken demokratischen Staates zu erzielen".

Der Magistrat des sowjetischen Sektors benennt in Anwesenheit des Oberbürgermeisters von Prag, Dr. Vaclav Vacek, die "Berliner Allee" im Bezirk Weißensee nach dem am 14. März 1953 verstorbenen tschechoslowakischen Staatspräsidenten in "Klement-Gottwald-Allee" um. Oberbürgermeister Ebert (SED) erklärt dabei in einer, von der Ost-Berliner Presse allerdings nicht veröffentlichten, Ansprache, der "Neue Kurs" zeige, "daß wir entschlossen sind, nicht nur eigene Fehler zu korrigieren, sondern eine grundlegende Änderung unserer Politik herbeizuführen". Der "neue Weg" müsse ohne jedes Wenn und Aber in straffer Disziplin beschritten werden.

Die seit Mitte Mai streikenden Berliner Putzer stimmen auf einer Versammlung mit 576 gegen 90 Stimmen dem von der IG Bau-Steine-Erden im DGB mit den Arbeitgebern vereinbarten neuen Tarifvertrag, der hauptsächlich neue Arbeitsbedingungen festlegt, zu und beschließen, am 15. Juni die Arbeit wieder aufzunehmen.

1954

Als erster sowjetzonaler Politiker schaltet sich der stellvertretende Ministerpräsident Nuschke (CDU-Ost) in die Diskussion zur Frage der Wahl des zweiten Bundespräsidenten in Berlin ein. In einem "Sorgen!" überschriebenen Leitartikel des Parteiblattes "Neue Zeit" erklärt er, daß West-Berlin, "jene halbe Stadt, die den Ehrgeiz besitzt, ein ganzes Land zu sein" sich zur Zeit weniger um wirtschaftliche oder soziale Fragen als um die Wahl oder Amtseinführung des zweiten Bundespräsidenten in Berlin sorge. Der Eifer, mit dem dies diskutiert werde, stehe bei den einzelnen Parteien "im gleichen Größenverhältnis zu der Unfruchtbarkeit ihrer Politik". Nuschke bezeichnet die Auseinandersetzungen als "Frosch-Mäuse-Krieg"; bei diesem "Satyrspiel" würde seine Partei gerne "schweigender und schmunzelnder Zuschauer bleiben", wenn die Wichtigkeit der Wahl des Bundespräsidenten in Berlin nicht mit dem Eindruck des Vorganges auf die Bevölkerung der "Ost-Zone" begründet würde. Sie wisse aber, daß die Institution des Bundespräsidenten "hier nur schmerzliche Gefühle hervorruft", da sie an die von den "Westmächten befohlene Zerreißung Deutschlands" erinnere. Wenn man jetzt Herrn Dr. Heuss zum zweiten Male wählt, so "sehen wir in der DDR darin lediglich ein erneutes Bekenntnis zur Spaltung unseres Vaterlandes". Er sei sich dessen auch gewiß, daß die erdrückende Mehrheit der Menschen in Westdeutschland "mit uns" dieses penetrante Verharren in der Spaltung aufrichtig bedauere, ganz gleichgültig, ob sich der Vorgang der Bundespräsidentenwahl in West-Berlin oder in Bonn vollziehe.

1955

Die Sowjetunion akzeptiert in gleichlautenden Noten die Einladung der Westmächte zu einem Treffen der Regierungschefs vom 18. bis 22. Juli in Genf, wo angesichts der gegenwärtigen internationalen Lage alle Beteiligten ihre Bemühungen vor allem darauf richten müßten, als Grundaufgabe der Konferenz eine Minderung der Spannungen in den gegenseitigen Beziehungen herbeizuführen.

25. (Ordentliche) Sitzung des Senats von Berlin.
Der Senat gewährt dem Stadtsynodalverband ein Darlehen von 168 900 DM zur Sicherung der Bausubstanz von 14 unter Denkmalsschutz stehenden Kirchen, darunter die Dorfkirchen in Mariendorf, Giesensdorf, Lankwitz, Lübars, Hermsdorf, Wittenau, Britz, Alt-Schöneberg und die Luisenkirche in Charlottenburg.

Der Senat nimmt Kenntnis von den Jahresrechnungen der Lohnausgleichskasse für 1950 bis 1952. Danach erwirtschaftete sie 1950 rund 24,9 Mill. DM, 1951 rund 32,6 Mill. DM, und 1952 rund 5,9 Mill. DM an Überschüssen, womit der Fehlbetrag des Jahres 1949 von 41,9 Mill. DM abgedeckt werden konnte, während der Rest für Erhöhungen der Umtauschsätze z. V. steht.
Während die Zahl der West-Berliner Grenzgänger vom April 1950 bis März 1953 von 92 311 auf 37 991 zurückging, blieb die der Ost-Berliner mit rund 45 500 etwa konstant. Die Bestimmungen zum Ausschluß vom Lohnumtauschverfahren wurden in rund 2500 Fällen angewandt.

Nachdem ab 1. April sowohl die Löhne in der gesamten Brotindustrie wie auch die Kohlenpreise erhöht wurden, billigt der Senat eine Erhöhung des Etatansatzes für die Preisstützung von Konsumbrotmehl und Konsumbroten.

Der Regierende Bürgermeister Prof. Suhr macht den Ost-Berliner Oberbürgermeister Ebert in seiner Antwort darauf aufmerksam, daß er die Notwendigkeit der Wiederherstellung der technischen Einheit der Stadt bereits in seiner ersten Regierungserklärung unterstrichen habe. Und danach seien dann auch alle zuständigen Stellen angewiesen worden, die notwendigen Maßnahmen zu treffen und, soweit erforderlich, mit den entsprechenden Dienststellen des Ostsektors Fühlung aufzunehmen.
Die Landespostdirektion habe technisch alles vorbereitet, um sämtliche Verbindungsleitungen für einen Wählverkehr zwischen Ost- und West-Berlin unverzüglich wiederherzustellen, und die zuständigen Referenten der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe haben den Auftrag, mit "Ihren Dienststellen" über die Verbesserung der Verbindungen bei der Gas- und Wasserversorgung, der Stadtentwässerung und des Straßenbahnverkehrs Verhandlungen zu führen.

Der Regierende Bürgermeister Prof. Suhr hält in einem Vortrag im Liberalen Club über "Die Stellung Berlins im Wandel der öffentlichen Meinung" - nach einer Schilderung seiner Entwicklung zur preußischen Metropole, die trotz kärglicher Voraussetzungen im "kolonialen Osten" alten Kulturstädten im Westen und Süden Deutschlands den Rang ablaufen konnte und seiner Bedeutung als Hauptstadt des Reiches für die Herausbildung eines deutschen Nationalbewußtseins - drei Ursachen für die Lage Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg von besonderer Bedeutung:

  1. die sehr viel stärker als im übrigen Deutschland ausgeprägte Internationalisierung des Lebens durch den Wettbewerb der vier Besatzungsmächte im Kalten Krieg, die ein spezifisches Fluidum auch für die Haltung deutscher Politiker schuf;
  2. seine Lage im Mittelpunkt des Spannungsfeldes zwischen den beiden Machtblöcken in einem Augenblick, in dem sich so etwas wie ein einprägsames Weltbewußtsein zu bilden beginnt und Ereignisse in irgendeinem Teil der Welt ihre Folgen auch in anderen Teilen haben;
  3. seine Stellung zu den beiden getrennten Teilen Deutschlands.
Wenn die Ausbildung eines Nationalbewußtsein an den Sitz kultureller, geistiger, politischer Kräfte in einer Hauptstadt, gebunden sei und sie ein Instrument der Einigung darstelle, wie Leibniz es bereits im 17. Jahrhundert sagte, dann fiele Berlin in den gegenwärtigen politischen Auseinandersetzungen eine entscheidende Rolle zu. Denn Deutschland könnte nur dann wieder eins werden, wenn es Berlin gleichzeitig als Hauptstadt wieder empfinde. Hierin liege nicht nur Berlins Mission in der gegenwärtigen Politik, sondern auch seine Zukunft, denn ein günstiges Geschick ließe es diese Funktion in einer Zeit erfüllen, in der frühere Antipathien und Ressentiments gegen die Hauptstadt fortfielen und es auf jenem großen Kredit aus den Zeiten der Blockade und des Kalten Krieges aufbauen könne. Fraglich bliebe allerdings, ob sich dieser Kredit allein mit dem Hinweis auf "unsere heroischen Zeiten" erhalten lasse und der Kurswert Berlins in den letzten Jahren mangels ähnlich großer Leistungen nicht überhaupt schon sank, da die westdeutsche Presse hier und da bereits mit einem Unterton des Mitleids über die Stadt berichte. Jedenfalls könne Berlin seine vermittelnde Funktion, ein Instrument der Einigung zu sein und das durch die Zerreißung Deutschlands gestörte Nationalbewußtsein wieder herauszukristallisieren, nur dann erfüllen, wenn es wirklich politische, geistige und kulturelle Kraft ausstrahle.

Der Senator für Bundesangelegenheiten, Dr. Klein, fordert vor dem "Verein Berliner Kaufleute und Industrieller", bei einem längeren Nebeneinander beider deutscher Teilstaaten die rechtliche Eingliederung Berlins in die Bundesrepublik zu vollziehen, so daß an seinem staatsrechtlichen Zustand kein Zweifel mehr möglich sei. Dabei sollte die Position der Alliierten in keiner Weise geschmälert werden. In diesem Zusammenhang warnt er eindringlich vor allen Plänen einer isolierten Wiedervereinigung Berlins, bei deren Realisierung dann die ganze Stadt allein sowjetischem Einfluß ausgesetzt sein würde. Berlin müsse der Welt vielmehr immer wieder klarmachen, daß es ein Teil des freien Deutschlands sei, es für immer bleiben wolle, und versuchen, seine Verbindungen zur Bundesrepublik so eng wie möglich zu knüpfen. Berlins Stellung könne in der gegenwärtigen Phase der internationalen Entwicklung endgültig gesichert werden, ohne damit die Bundesregierung oder die Westmächte zu überfordern. Wenn Berlin mit seinen Forderungen auch maßhalten sollte, müßte es sie doch mit Ausdauer und Festigkeit vertreten. Denn nur durch Entschlossenheit und Konsequenz, nicht aber durch bängliches Schwanken könne es sein Schicksal meistern.

Der Erste Strafsenat des Obersten DDR-Gerichts verurteilt in einem weiteren Prozeß von sieben Angeklagten je zwei zum Tode, zu lebenslänglichem, zu 15 Jahren und einen zu 12 Jahren Zuchthaus. Als "Agenten westlicher Geheimdienste" wurde ihnen vorgeworfen, die "höchste Form der Kriegshetze" betrieben, die Grundlagen der Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR angegriffen und durch umfangreiche Spionage den Frieden des deutschen Volkes und der Welt gefährdet zu haben.

Die Freie Volksbühne gibt durch ihren Vorsitzenden Dr. Nestriepke auf einer Pressekonferenz bekannt, daß sie Prof. Schuh für weitere zwei Jahre als künstlerischen Leiter des Theaters am Kurfürstendamm verpflichten konnte. Die Aufwärtsentwicklung der Organisation sei so stark, daß erneut eine Mitgliedersperre ausgesprochen werden mußte. Die Zahl der Volksbühnenbesucher in den übrigen Theatern soll in der kommenden Spielzeit keine Einschränkung erfahren.
In einem Referat über die heutige Situation des Theaters wiederholt Prof. Schuh seinen Wunsch nach einem zweiten Haus, um endlich ein festes Ensemble der Volksbühne bilden zu können.

1956

Die Vollversammlung der ordentlichen Professoren der FU wählt Prof. Paulsen erneut zum Rektor für das Universitätsjahr 1956/57. Prorektor wird der Ordinarius für pharmazeutische Chemie, Prof. Schenck.

Der Ost-Berliner Magistrat übernimmt die am 18. Mai vom DDR-Innenministerium erlassene "Anordnung zur Regelung des Freibadewesens", wonach das Baden ohne entsprechende Bekleidung an jedermann zugänglichen Orten nur gestattet ist, wenn sie ausdrücklich von den zuständigen örtlichen Räten dafür freigegeben und entsprechend gekennzeichnet sind oder unbeteiligte Personen unter den gegebenen Umständen nicht zusehen können. Die Bildung von Vereinigungen mit dem Ziel der Organisierung, Förderung oder Propagierung der Freikörperkultur ist nicht gestattet.

1957

61. (Ordentliche) Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin.
Parlamentspräsident Brandt teilt zu Beginn der Sitzung mit, daß Dr. Josef Grunner als Ersatzmann auf der Vorschlagsliste der SPD das Mandat der verstorbenen Bundestagsabgeordneten Louise Schroeder angenommen hat.

Bausenator Schwedler teilt auf eine entsprechende Anfrage mit, daß das Kraftfahrzeugverkehrsamt als Genehmigungsbehörde mit der nach dem Personenbeförderungsgesetz notwendigen Zustimmung der Industrie- und Handelskammer die Zahl der zugelassenen Kraftdroschken von 1100 auf 1177 erhöht hat. Entscheidend für diese Maßnahme seien die Berücksichtigung des gestiegenen Nettosozialproduktes und Gesichtspunkte der allgemeinen Verkehrssituation gewesen.

Bei einigen Stimmenthaltungen übernimmt, das Abgeordnetenhaus das Bundesgesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts (Gleichberechtigungsgesetz).

1958

Auf einem vom ASTA der FU im Auditorium maximum veranstalteten "Politischen Forum" spricht der Münchener Publizist Erich Kuby zum Thema "Die deutsche Wiedervereinigung". Nach dem Hinweis des ASTA-Vorsitzenden Schmidt, daß der Ring Christlich-Demokratischer Studenten das Ansinnen, Kuby in der FU sprechen zu lassen, als eine "politische Geschmacklosigkeit" bezeichnet habe, entspricht Kuby, so der "Tagesspiegel", "sowohl den Erwartungen als auch den Befürchtungen, was seine bewußt provozierenden Formulierungen und den Inkonformismus seiner Gedanken" anbetrifft. Kuby beginnt sein häufig von Beifall und Zischen begleitetes Referat mit der Feststellung, daß Berlin "extremistische Züge" trage, die Stadt sich in einer "polemischen Situation" befinde, angefüllt mit "hysterischer Vibration". Hier wie auch im Westen allgemein sei das geistige politische Leben im Hinblick auf den Osten "Polemik, nicht Aktion, sondern Reaktion". Einen Beweis dafür sieht Kuby in der Bezeichnung "Freie Universität", die nur als Antithese zur Ost-Berliner Humboldt-Universität verstanden werden könne. Wenn heute in Berlin eine günstigere psychologische Disposition bestehe, über das Verhältnis zum Osten und über die Wiedervereinigung zu sprechen als noch vor einigen Jahren, so deshalb, weil inzwischen kein Weg voran mehr zu sehen sei.
Worin, so fragt Kuby, bestünden denn die geistige Konzeption des Westens, seine Zukunftserwartungen, wenn es den militanten Kommunismus nicht gäbe? Die Wiedergeburt der karolingischen Reichsidee, der auch Bundeskanzler Dr. Adenauer anhänge, sei zwar eine großartige Idee, aber "illusionär". Indessen vermöge er weit und breit keine andere Idee zu sehen. Deshalb bedeute das "Gerede um die Wiedervereinigung" in Westdeutschland nichts anderes als einen '"Selbstbetrug". Die Westdeutschen träten doch "nicht mit ihrer Existenz dafür ein", sondern antworteten lediglich, wenn sie danach gefragt würden, ob sie sie wollten, mit Ja. Die Wiedervereinigung bilde für sie "kein elementares Bedürfnis" und, so meint Kuby, so werde es bei 17 Millionen in der "Sowjetzone" auch nicht anders sein, wenn sich deren Lebensstandard in einigen Jahren noch wesentlich gebessert habe.
Die Wiedervereinigungspolitik Westdeutschlands nennt Kuby rundweg "verlogen in ihren Methoden und Zielsetzungen". Denn wer für die Wiedervereinigung eintrete, müsse dafür reale Möglichkeiten "schaffen". Dies stehe aber bei der "Ideenlosigkeit der Bonner Politik" nicht zu erwarten, bei der man sich fragen müsse, ob sie überhaupt Politik oder nur "Geschäftsführung eines Fellachen-Volkes" sei. Als einzige Möglichkeit, aus der Sackgasse herauszukommen, empfiehlt Kuby Verhandlungen mit der DDR zunächst auf unterer Ebene. Doch vermöge er im Augenblick niemanden zu nennen, der unter der gegenwärtigen politischen Konstellation in der Bundesrepublik bereit sei, Verhandlungen zur Überwindung des Status quo aufzunehmen.

1959

In einer Presseverlautbarung beziffert der Senat die Einnahmen der DDR aus den Straßenbenutzungsgebühren seit ihrer Einführung im Jahre 1951 auf rund 160 Mill. DM (West), davon den größeren Teil seit der Erhöhung im Jahre 1955. Wenn die Ost-Berliner "BZ am Abend" am 5. Juni behauptete, daß diese Summe nicht zum Unterhalt der Interzonenstraßen ausreiche, so stehe dem die Tatsache gegenüber, daß Westmarkeinnahmen von der DDR für andere Zwecke, z. B. für ihre Propaganda, verwendet werden.

Gesundheitssenator Schmiljan und Neuköllns früherer Bezirksbürgermeister und jetziger Sozialsenator Exner übergeben in der Johannisthaler Chaussee das neue "Sommerbad Britz" seiner Bestimmung.

1959

In einer Presseverlautbarung beziffert der Senat die Einnahmen der DDR aus den Straßenbenutzungsgebühren seit ihrer Einführung im Jahre 1951 auf rund 160 Mill. DM (West), davon den größeren Teil seit der Erhöhung im Jahre 1955. Wenn die Ost-Berliner "BZ am Abend" am 5. Juni behauptete, daß diese Summe nicht zum Unterhalt der Interzonenstraßen ausreiche, so stehe dem die Tatsache gegenüber, daß Westmarkeinnahmen von der DDR für andere Zwecke, z. B. für ihre Propaganda, verwendet werden.

Gesundheitssenator Schmiljan und Neuköllns früherer Bezirksbürgermeister und jetziger Sozialsenator Exner übergeben in der Johannisthaler Chaussee das neue "Sommerbad Britz" seiner Bestimmung.

1960

13. Kongreß des Internationalen Verbandes der Zeitschriftenverleger (Federation Internationale de la Presse Periodique - FIPP) in der Kongreßhalle.
Vor 300 Vertretern aus fast allen westeuropäischen Ländern und den USA - unter ihnen auch Journalisten, Rechtsanwälte und Politiker - dieser seit 33 Jahren erstmals wieder auf deutschem Boden stattfindenden Veranstaltung sucht Bundesminister Lemmer in seiner Eröffnungsrede durch einige Zahlen die geistige, wirtschaftliche und politische Situation der Zeitschriftenpresse im westlichen und im östlichen Deutschland in vergleichender Form zu verdeutlichen. Danach erscheinen z. Z. in der Bundesrepublik 5600 Zeitschriften gegenüber nur 459 in der "Sowjetzone"; im ganzen existieren dort noch vier "freie" Verlage. Sprächen schon diese Zahlen eine eindeutige Sprache, so ergäbe sich ein noch sehr viel plastischeres Bild durch die Tatsache, daß im Westen 646 Zeitschriften nachgewiesenermaßen sich religiösen, theologischen und kirchlichen Fragen widmeten, während davon im Osten nur zwei existierten. Gäbe es in der Bundesrepublik 876 politische Zeitschriften, so nur 13 in der "Sowjetzone" und auch diese nur als ausgesprochene Organe des totalitären Regimes.
Der Präsident des Verbandes deutscher Zeitschriftenverleger, Hans Albert Kluthe (Frankfurt am Main), nimmt in seinen Begrüßungsworten diese Zahlenangaben zum Anlaß, ein grundsätzliches Bekenntnis zur Freiheit der Presse abzulegen, und erklärt es als vornehmste Aufgabe der versammelten internationalen Verleger, der brutal ausgeübten Gewalt der sowjetisch orientierten Welt mit der Macht des freien Geistes entgegenzutreten.
Der Präsident der FIPP, Jacques Ricquier (Belgien), spricht über "Die Unabhängigkeit der Zeitschriftenpresse, ihre Freiheit und ihre Verantwortung, ihre Rechte und ihre Pflichten"; andere Vortragende befassen sich mit den Themen "Organisation der USA-Zeitschriftenpresse", "Standardisierung des Anzeigenwesens" und den Problemen des Werbefernsehens für die Zeitschriftenpresse in deutscher und europäischer Sicht.
Zum Abschluß wählt der Kongreß den bisherigen Vizepräsidenten, Kluthe, zum neuen Vorsitzenden des Internationalen Zeitschriftenverlegerverbandes.

1960

13. Kongreß des Internationalen Verbandes der Zeitschriftenverleger (Federation Internationale de la Presse Periodique - FIPP) in der Kongreßhalle.
Vor 300 Vertretern aus fast allen westeuropäischen Ländern und den USA - unter ihnen auch Journalisten, Rechtsanwälte und Politiker - dieser seit 33 Jahren erstmals wieder auf deutschem Boden stattfindenden Veranstaltung sucht Bundesminister Lemmer in seiner Eröffnungsrede durch einige Zahlen die geistige, wirtschaftliche und politische Situation der Zeitschriftenpresse im westlichen und im östlichen Deutschland in vergleichender Form zu verdeutlichen. Danach erscheinen z. Z. in der Bundesrepublik 5600 Zeitschriften gegenüber nur 459 in der "Sowjetzone"; im ganzen existieren dort noch vier "freie" Verlage. Sprächen schon diese Zahlen eine eindeutige Sprache, so ergäbe sich ein noch sehr viel plastischeres Bild durch die Tatsache, daß im Westen 646 Zeitschriften nachgewiesenermaßen sich religiösen, theologischen und kirchlichen Fragen widmeten, während davon im Osten nur zwei existierten. Gäbe es in der Bundesrepublik 876 politische Zeitschriften, so nur 13 in der "Sowjetzone" und auch diese nur als ausgesprochene Organe des totalitären Regimes.
Der Präsident des Verbandes deutscher Zeitschriftenverleger, Hans Albert Kluthe (Frankfurt am Main), nimmt in seinen Begrüßungsworten diese Zahlenangaben zum Anlaß, ein grundsätzliches Bekenntnis zur Freiheit der Presse abzulegen, und erklärt es als vornehmste Aufgabe der versammelten internationalen Verleger, der brutal ausgeübten Gewalt der sowjetisch orientierten Welt mit der Macht des freien Geistes entgegenzutreten.
Der Präsident der FIPP, Jacques Ricquier (Belgien), spricht über "Die Unabhängigkeit der Zeitschriftenpresse, ihre Freiheit und ihre Verantwortung, ihre Rechte und ihre Pflichten"; andere Vortragende befassen sich mit den Themen "Organisation der USA-Zeitschriftenpresse", "Standardisierung des Anzeigenwesens" und den Problemen des Werbefernsehens für die Zeitschriftenpresse in deutscher und europäischer Sicht.
Zum Abschluß wählt der Kongreß den bisherigen Vizepräsidenten, Kluthe, zum neuen Vorsitzenden des Internationalen Zeitschriftenverlegerverbandes.

1962

Der Erste Sekretär der Berliner SED-Bezirksleitung, Verner, bekräftigt auf der 6. Bezirksdelegiertenkonferenz in der Dynamo-Sporthalle in Hohenschönhausen den Willen der DDR, in ihren Forderungen nach Änderung des Status von West-Berlin - Beseitigung des "Besatzungsregimes" und Umwandlung in eine Freie Stadt - "um keinen Zentimeter" nachzugeben und keine Mühe zu scheuen, um entlang der "Staatsgrenze" zu West-Berlin die Sperranlagen ständig zu vervollkommnen sowie die Wachsamkeit zu erhöhen. Verner bedauert zugleich das seit dem 13. August 1961 in Berlin entstandene menschliche Leid. Eine Lösung der bedrückenden Probleme lasse sich jedoch nur in direkten Verhandlungen zwischen DDR-Regierung und Senat finden. Die West-Berliner Bevölkerung müsse deshalb den Senat "unter Druck setzen", wobei die Parteiorganisation im Westen der Stadt ihr Interessenvertreter sein werde. Die Wahlen zur neuen Bezirksleitung bestätigen Paul Verner und Hans Kiefert in ihren Funktionen als Erster und Zweiter Sekretär, während Gerhard Danelius und Erich Ziegler als nunmehr Erster und Zweiter Sekretär der West-Berliner SED-Führung ihr nicht mehr angehören.

1965

Am letzten Tag des Pfingstbesuchszeitraums der Passierscheinvereinbarung besuchen noch einmal 65 000 West-Berliner Verwandte im anderen Teil der Stadt. Insgesamt nutzen im Verlauf der letzten 14 Tage 506000 Bürger die Gelegenheit dieses Wiedersehens (vgl. 31. Mai), während 137000 ihre Passierscheine verfallen ließen (vgl. 25. April).

1966

Ungarns KP-Chef Kadar besucht mit einer Partei- und Regierungsdelegation Ost-Berlin und die DDR. Er trifft Staats- und Parteichef Ulbricht sowie den Ministerratsvorsitzenden Stoph zu mehreren Gesprächen, unternimmt eine Stadtrundfahrt, wobei er sich am Brandenburger Tor über "Sicherungsmaßnahmen an der Staatsgrenze zu West-Berlin" informieren läßt, und spricht neben Ulbricht auf einer "Freundschaftskundgebung" im Friedrichstadt-Palast. Des weiteren besichtigt er im Bezirk Magdeburg Industriebetriebe und landwirtschaftliche Einrichtungen sowie in Warnemünde Einheiten der Volksmarine.

1967

Den Vorschlag des DDR-Ministerratsvorsitzenden Stoph vom 10. Mai zur Aufnahme von Verhandlungen über die Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten beantwortet Bundeskanzler Kiesinger - es ist dies das erste Mal, daß die Bundesregierung schriftlich sich direkt an die DDR-Regierung wendet - mit der Anregung, beide Seiten sollten Beauftragte ernennen, die "ohne politische Vorbedingungen" mit Gesprächen über praktische Fragen des Zusammenlebens der Deutschen beginnen könnten. Unter Berufung auf "zuständige Kreise" gibt ADN am 15. Juni die Bereitschaft der DDR zu einer solchen Kontaktaufnahme bekannt, die jedoch einzig und allein der Vorbereitung von direkten Gesprächen zwischen den Regierungschefs beider deutscher Staaten dienen dürfen, nicht jedoch, wie Kiesinger vorschlug, der Erörterung allgemeiner humanitärer Fragen.

1968

Nach Gesprächen mit dem Regierenden Bürgermeister Schütz und mehreren Senatoren und führenden Parlamentariern im Rathaus Schöneberg über die Einfuhrung des Visumszanges im Berlin-Verkehr (vgl. 11. Juni) unterstreicht Bundeskanzler Kiesinger anschließend vor der Presse die Entschlossenheit der Bundesregierung, alles in ihren Kräften stehende zu tun, um die Situation für Berlin zu erleichtern. Sie betrachte die nun entstandene Situation als sehr ernst und werde dies auch gegenüber den Westmächten hervorheben. Am Tage zuvor hatte ein Sprecher des DDR-Außenministeriums gegen den Besuch des Kanzlers "schärfsten Protest" erhoben, den er zudem beschuldigte, sich von West-Berlin aus mit seinem "Erfüllungsgehilfen" Schütz unter grober Mißachtung des Völkerrechts in die inneren Angelegenheiten der DDR einzumischen.

1971

In seiner regelmäßigen Rundfunkansprache "Wo uns der Schuh drückt" warnt der Regierende Bürgermeister Klaus Schütz vor übertriebenem Optimismus im Hinblick auf die Vier Mächte Verhandlungen über Berlin. Man dürfe sich _ so Schütz _ "nicht der Illusion hingeben, daß mit einem Schlage alle Probleme Berlins gelöst werden könnten". Er weist darauf hin, "daß die Vier Mächte bei ihren Gesprächen Statusfragen ausgeklammert haben. Denn über sie ist gegenwärtig keine Einigung zu erzielen, so daß nur die praktisch regelbaren Fragen, die wir mit den drei Z _ Zugang, Zutritt und Zuordnung bezeichnet haben, zur Debatte stehen." Schütz betont, "daß es zwischen allen Beteiligten auf westlicher Seite ein vertrauensvolles Verhältnis der Übereinstimmung gibt".

1972

Der kubanische Partei- und Regierungschef Fidel Castro, der sich auf einer mehrwöchigen Reise durch Afrika und Europa befindet, trifft an der Spitze einer Partei- und Regierungsdelegation zu seinem ersten DDR-Besuch auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld ein, wo er von Erich Honecker, Erster Sekretär des Zentralkomitees der SED, und Willi Stoph, Vorsitzender des Ministerrats der DDR, begrüßt wird. Hunderttausende säumen die Straßen Ost-Berlins. Castro stattet Honecker im Haus des Zentralkomitees der SED in Berlin-Mitte einen Besuch ab. Anschließend wird er vom Vorsitzenden des Staatsrats, Walter Ulbricht, im Amtssitz des Staatsrats in Berlin-Mitte empfangen. Nach Kranzniederlegungen am Mahnmal für die Opfer des Faschismus und Militarismus Unter den Linden sowie am sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow beginnen die offiziellen Verhandlungen im Haus des Zentralkomitees der SED. Den ersten Besuchstag beschließt am Abend ein Empfang, den Honecker und Stoph im Amtssitz des Staatsrats geben.
   Am folgenden Tag besucht der Gast die Mauer am Brandenburger Tor. An der Gedenkstätte für Unteroffizier Reinhold Huhn in Berlin-Mitte legt er ein Blumengebinde nieder. Anschließend findet ein Meeting mit Grenzsoldaten in der Nikolai-Bersarin-Kaserne in Berlin-Rummelsburg statt. Der Tag klingt mit einem Besuch auf dem Fernsehturm aus.
   Nachdem Castro nach einer mehrtägigen Reise durch die DDR wieder in Ost-Berlin eingetroffen ist, werden am 19. Juni die offiziellen Verhandlungen mit der Unterzeichnung eines Kommuniqués im Haus des Zentralkomitees der SED in Berlin-Mitte abgeschlossen. In der Dynamo-Sporthalle in Berlin-Weißensee findet eine "Freundschaftskundgebung" statt. In der kubanischen Botschaft in Berlin-Pankow gibt Castro einen Empfang zu Ehren Honeckers und Stophs.
   Am 21. Juni wird der kubanische Partei- und Regierungschef auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld verabschiedet.

1973

Die Volkskammer der DDR (8. Tagung, 6. Wahlperiode) beschließt in Ost-Berlin (Hermann-Matern-Straße) einstimmig das Ratifikationsgesetz zum Grundvertrag mit der Bundesrepublik (Gesetz über den Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland vom 21. Dezember 1972). (Vgl. 11. Mai.) Außenminister Otto Winzer sagt in der Begründung des Gesetzes, das Vertragswerk sei ein Beweis dafür, "daß zwischen Staaten gegensätzlicher Gesellschaftsordnung auch schwierige, komplizierte Fragen im Sinne der friedlichen Koexistenz gelöst werden können". Der Grundvertrag sei "ein normaler völkerrechtlicher Vertrag, abgeschlossen zwischen zwei voneinander unabhängigen, souveränen Staaten". "Die DDR und die BRD als zwei gleichberechtigte Subjekte des Völkerrechts regeln in dem Vertrag völkerrechtlich verbindlich ihre gegenseitigen Beziehungen", so Winzer.

1980

Zu einem dreitägigen Besuch trifft eine Delegation der israelischen Knesseth unter Leitung von Parlamentspräsident Yitzhak Berman in West-Berlin ein. Im Schloss Charlottenburg trägt sich Berman in das Goldene Buch der Stadt ein. Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Peter Lorenz, unterstreicht die Solidarität Berlins mit dem israelischen Volk. Berman sagt, es gebe in Berlin eine große Zahl von Deutschen, die während der Verfolgung Juden geholfen hätten. Dies werde in Israel mit Dank anerkannt.

Auf das Bauamt im Rathaus Kreuzberg wird ein Sprengstoffanschlag verübt. Es entsteht ein Sachschaden von etwa 10 000 DM. Personen werden nicht verletzt. Für den Anschlag erklärt sich die terroristische "Bewegung 2. Juni" verantwortlich. In Bekennerbriefen wird erklärt, der Anschlag richte sich gegen die Sanierungspolitik im Bezirk Kreuzberg sowie gegen Äußerungen, dass die "Bewegung 2. Juni" aufgehört habe zu existieren und in der "Roten-Armee-Fraktion" aufgegangen sei.

Im Filmtheater "Zoo-Palast" in Charlottenburg überreicht Bundesinnenminister Gerhart Rudolf Baum die Bundesfilmpreise 1980. Den Hauptpreis unter den Spielfilmen nimmt Norbert Kückelmann für "Die letzten Jahre der Kindheit" entgegen (Filmband in Gold mit einer Prämie von 400 000 DM). Die Bundesfilmpreise werden zum 30. Mal vergeben.
   
   

1983

Der neue französische Botschafter in Bonn, Jacques Morizet, stattet im Rathaus Schöneberg dem Abgeordnetenhaus-Präsidenten Rebsch und dem Regierenden Bürgermeister von Weizsäcker seine Antrittsbesuche ab (vgl. 11. April).

1985

Folgende Bezirksverordnetenversammlungen bestätigen die bisherigen Bezirksbürgermeister in ihren Ämtern: Tempelhof: Siegmund Jaroch (CDU), Wilmersdorf: Horst Dohm (CDU).

1986

Im Olympischen Reiterstadion in Picheisdorf siegen bei den Deutschen Meisterschaften der Springreiter: Paul Schockemöhle (Mühlen) auf Deister, Amazonen: Iris Beyer (Troisdorf) auf Pandur, Dressurreiter: Reiner Klimke (Münster) auf Ahlerich und der Dressurreiterinnen: Gina Capelimann (Aachen) auf Ampere.

1987

Rund 75 000 Berliner sind an der Straße des 17. Juni Zeugen der traditionellen Parade am 24. Tag der alliierten Streitkräfte, die diesmal turnusgemäß der französische Stadtkommandant, General Cavarrot, abnimmt; auf der Ehrentribüne befinden sich sein amerikanischer und britischer Kollege, die Generäle Mitchell und Brooking, sowie der Regierende Bürgermeister Diepgen. Dem Defilee von 2 750 Mann Infanterie, begleitet von mehreren Militärkapellen, wiederum in teilweise historischen Uniformen, und dem Berliner Polizeiorchester, die Vorbeifahrt von 65 Panzern und 130 anderen Militärfahrzeugen. Höhepunkt des militärischen Schauspiels sind das erstmals gezeigte Abseilen von Soldaten aus Hubschraubern sowie die Vorführung der Fallschirmspringer und die Motorradsportgruppen der britischen Fernmeldetruppe und der Berliner Polizei.

Im Theater des Westens überreicht BundesinnenministerZimmermann die mit insgesamt 2,35 Mio. DM dotierten Bundesfilmpreise 1987, darunter wieder keine Goldene Schale, wie schon seit Jahren nicht mehr, aber auch kein Filmband in Gold. Ein Filmband in Silber erhalten die Filme "Das Schweigen des Dichters"von PeterLilienthal,"DerName der Rose"von Jean Jacques Annaud und "Francesca" von Verena Rudolph, zusätzlich je 450 000 DM. Für Einzelleistungen erhalten ein Filmband in Gold die Schauspieler KatharinaThalbach ("Paradies") und Sean Connery ("DerName der Rose"), Özay Fecht ("40 qm Deutschland") und Rebecca Pauli ("Peng! Du bist tot!"), die Regisseure Verena Rudolph ("Francesca") und Peter Lilienthal ("Das Schweigen des Dichters"), der Kameramann Gerard Vandenberg ("Caspar David Friedrich"), der Komponist Claus Bantzer ("Das Schweigen des Dichters") sowie das Ausstattungsteam von "Der Name der Rose". Für ihr langjähriges und erfolgreiches Wirken im deutschen Film werden ebenfalls mit einem Filmband in Gold ausgezeichnet die 1933 emigrierten Schauspielerinnen Gitta Alpar, Betty Ammann und Trude von Molo sowie weiter Hans Holt, Marianne Hoppe, Wolfgang Preiss, Oskar Sala, Carl-Heinz Schroth, Sigfrit Steiner und Ilse Trautschold. Das RSO unter Jonathan Sternberg umrahmt die Feierstunde mit einer Suite nach Paul Hindemiths Filmmusik zu Arnolds Francks "Im Kampf mit dem Berg" von 1921 und Improvisationen des Preisträgers Claus Bantzer zu seiner Musik in "Das Schweigen des Dichters". Am Abend treffen sich Preisträger, Politiker, Filmemacher und Filmwirtschaftler auf Einladung des Regierenden Bürgermeisters Diepgen unter dem Motto "Außer Rand und Band"zum von ReginaZieglerundPeterSchamoni arrangierten Filmfest in den von Jan Schlubach dekorierten ehemaligen UFA-Ateliers in der Tempelhofer Oberlandstraße.

In Haiensee übergibt Wilmersdorfs Bezirksbürgermeister Dohm im Beisein von Bausenator Wittwer den für 3,3 Mio. DM nach einem Gutachten der Architekten Bonanni und Lattermann, des Verkehrsplaners Beckmann und des Landschaftsplaners Neumann umgestalteten Henriettenplatz seiner Bestimmung, der, zu beiden Seiten des Kurfürstendamms liegend, als eine Art Tor in Richtung City dienen soll. Diese Funktion unterstreicht auf derSüdseite eine Gruppe von Wartehäuschen und Kiosken mit Säulenkollonaden und auf der Nordseite ein 18 Meter hoher Bronzeobelisk von Heinz Mack (Mönchengladbach). Über die Straße hinweg sich fortsetzende Baumreihen und das gleiche rotbraune Pflaster sollen die Einheit des Platzes verdeutlichen. In Rinnsalen schlängelt sich Wasser durch das Medusenhaupt im von Anne und Patrick Poirier (Paris) geschaffenen Brunnen.

Vor 4700 Zuschauern im Olympia-Hockeystadion kann die Nationalmannschaft der Bundesrepublik die des Weltmeisters Australien mit 4:2 (1:1) bezwingen.

Im Stadion der Weltjugend wiederholt der 1. FC Lokomotive Leipzig vor47 000 Zuschauern im 36. Finale um den FDGB-Pokal seinen Vorjahressieg mit einem 4:1 (1:1) über den FC Hansa Rostock. Da die Leipziger diese Trophäe nach 1957,1976,1981 und 1986 zum fünften Mal gewinnen, geht sie endgültig in ihren Besitz über.

1990

In einer gemeinsamen Aktion des Stadtrats für Bau-und Wohnungswesen, Eckehard Kraft, und des Senators für Bau- und Wohnungswesen, Wolfgang Nagel, wird an der Bernauer Straße zwischen den Bezirken Mitte und Wedding symbolisch der Start für den endgültigen Abriß der Berliner Mauer gegeben. Dieser Ort der Maueröffnung wurde bewußt ausgewählt, denn in keiner anderen Straße Deutschlands sind in Friedenszeiten wohl so viele Menschen gewaltsam zu Tode gekommen. Nach dem Mauerbau im August 1961 hatten zahlreiche Ost-Berliner hier versucht, mit einem Sprung aus dem Fenster in den Westteil der Stadt zu gelangen.
   Zwischen dem Ost- und dem Westteil Berlins bestehen bereits 17 Straßenverbindungen. Von den vorgesehenen 72 neu herzustellenden Verbindungen sollen 39 bis zum 1. Juli wiederhergestellt werden.
   Für die Wiederherstellung sämtlicher Verbindungen in einer angemessenen Qualität innerhalb Berlins und ins Umland werden 170 bis 200 Millionen DM veranschlagt.

In seiner Regierungserklärung vor der Ost-Berliner Stadtverordnetenversammlung (3. Sitzung, 1. Wahlperiode) sagt Oberbürgermeister Tino Schwierzina, die Finanzierung der Einheit Berlins sei eine Aufgabe für das ganze Deutschland. Die Frage der Finanzen sei zur Zeit das gravierendste Problem, und man könne nicht erwarten, daß West-Berlin dem Ostteil in nennenswerter Weise finanziell unter die Arme greife.
   Schwierzina spricht sich dafür aus, Wahlen in ganz Berlin zeitgleich mit gesamtdeutschen Wahlen stattfinden zu lassen. Zunächst müsse Berlin den Status eines Landes haben, später sei dann zu entscheiden, ob Berlin und Brandenburg zusammengehen sollten. (Vgl. 12. Juni.)
   Für seine Beschäftigungspolitik erwartet Schwierzina eine finanzielle Unterstützung der Bundesregierung und der DDR-Regierung. Er kündigt eine berufliche Qualifizierungsoffensive an, die helfen solle, Arbeitslosigkeit zu beseitigen.
   Neben der gemeinsamen Verkehrs- und Flächennutzungsplanung mit West-Berlin kündigt der Oberbürgermeister einen gemeinsamen Landeskrankenhausplan an.
   Schwierzina tritt dafür ein, die für 1995 geplante Bundesgartenschau zusätzlich im Bereich Hohenschönhausen/Marzahn/Hellersdorf zu veranstalten.

Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus beschließt, eine Änderung der Verfassung von Berlin anzustreben, um eine Trennung der Wahltermine für die Bezirksverordnetenversammlungen und das Abgeordnetenhaus zu erreichen. Durch die Trennung sollen die Bezirksverordnetenwahlen eine größere Bedeutung erhalten, und es soll erreicht werden, daß bezirkliche Aspekte stärker zur Grundlage der Wählerentscheidung werden.
   Ferner wird beschlossen, die parlamentarische Initiative für eine Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes zu ergreifen. Durch die angestrebte Änderung soll die Bildung "politischer Bezirksämter" (regierende Mehrheit gegen Opposition) ermöglicht werden.

1991

Wenige Tage vor der Entscheidung im Deutschen Bundestag über den künftigen Parlaments- und Regierungssitz bezieht der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen in einer Regierungserklärung vor dem Abgeordnetenhaus (10. Sitzung, 12. Wahlperiode) nochmals öffentlich Position. Berlin wolle ? so Diepgen ? in der Frage des künftigen Parlaments- und Regierungssitzes eine Konsenslösung, aber keinen faulen Kompromiß. Es käme einem Etikettenschwindel gleich, das Parlament nicht in der Hauptstadt anzusiedeln. Diepgen appelliert an den Bundestag, in der Entscheidung über den künftigen Parlaments- und Regierungssitz die Stimmungslage im östlichen Teil Deutschlands zu bedenken. Es gehe in dieser Frage um das Selbstverständnis des geeinten Landes und auch um eine Signalwirkung für die mittel- und osteuropäischen Nachbarn. Einen Volksentscheid über die Frage des Parlaments- und Regierungssitzes lehnt Diepgen ab. (Vgl. 31. Mai.)
   Das Abgeordnetenhaus appelliert an die Abgeordneten des Bundestags, sich für Berlin als Parlaments- und Regierungssitz auszusprechen. "Getragen von dem Wunsch, die innere Einheit und das Zusammenwachsen der Deutschen in Ost und West möglichst rasch zu verwirklichen, appelliert das Berliner Abgeordnetenhaus an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages, bei ihrer Entscheidung über den Sitz der Verfassungsorgane sich der Verantwortung für die Zukunft des vereinten Deutschland im größeren Europa bewußt zu sein." Berlin sei das Symbol der Überwindung der Teilung und müsse nun zum Symbol des Zusammenwachsens werden. Deshalb müßten die entscheidenden Verfassungsorgane in Berlin ihren Sitz finden. "Das Bekenntnis zu Berlin ist ein Akt der politischen Glaubwürdigkeit, eine Erfüllung historischer Verpflichtungen und ein tatkräftiger Beitrag für das wirkliche Zusammenwachsen der Menschen."

1992

Anläßlich der Kuratoriumssitzung des Fördervereins "Pro Brandenburg" (vgl. 22. Februar) im Gästehaus des Senats in Berlin-Grunewald betont der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, die geplante Verschmelzung von Berlin und Brandenburg sei nicht nur eine Angelegenheit der beiden Regierungen, sondern auch der gesellschaftlichen Verbände, nicht nur eine Angelegenheit des Verstandes, sondern auch des Gefühls. Diepgen sieht die geplante Fusion als Pilotprojekt für eine Neugliederung der Bundesrepublik im Sinne leistungsfähiger Länder. Er verweist auf die anstehende Neuregelung des Finanzgefüges zwischen Bund und Ländern.

1994

Auf dem 15. ordentlichen DGB-Bundeskongreß im ICC in Berlin-Charlottenburg wird das bisherige Vorstandsmitglied der IG Metall, Dieter Schulte, zum Vorsitzenden des DGB gewählt. Er ist Nachfolger von Heinz-Werner Meyer, der 1990 an die Spitze des Gewerkschaftsbunds gewählt wurde und am 9. Mai überraschend verstarb.

1995

Das Konzil der FU wählt mit 40 von 59 gültigen Stimmen den Juraprofessor Johann W. Gerlach erneut zum Präsidenten der FU. Ein Gegenkandidat wurde nicht aufgestellt.

1999

Aus den Europawahlen geht in Deutschland die CDU/CSU als klarer Sieger hervor. Sie lässt die SPD weit hinter sich. Während die Grünen klar die Fünf-Prozent-Hürde nehmen und die PDS erstmals ins Europaparlament einziehen wird, scheitert die F.D.P. erneut an der Fünf-Prozent-Marke.
In Berlin erhalten (bei einer Wahlbeteiligung von 39,9 Prozent [1994: 53,5 Prozent]): CDU 35,0 Prozent (1994: 28,4 Prozent), SPD 26,7 Prozent (1994: 28,1 Prozent), PDS 16,7 Prozent (1994: 15,9 Prozent), GRÜNE 12,5 Prozent (1994: 14,3 Prozent), F.D.P. 2,4 Prozent (1994: 3,2 Prozent), REP 1,9 Prozent (1994: 3,3 Prozent) und Sonstige 4,8 Prozent (1994: 6,8 Prozent).

2001

Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin und Berlins Kultursenator Christoph Stölzl unterzeichnen im Bundeskanzleramt den Hauptstadtkulturvertrag. Der Deutsche Bundestag muss dem Vertrag, mit dem der Bund von 2001 bis 2004 kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen in der Hauptstadt mit 100 Millionen DM (51,1 Millionen Euro) jährlich fördert, noch zustimmen. Der Vertrag verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn er nicht von einem der Vertragspartner gekündigt wird.

2004

Aus den Europawahlen geht in Deutschland die CDU/CSU wieder als klarer Sieger hervor. Die SPD stürzt auf ein historisches Tief ab. Einen deutlichen Zuwachs können die Grünen verbuchen. Die PDS bleibt bei einem kleinen Gewinn im Europaparlament, in das auch die FDP nach zehn Jahren Abwesenheit zurückkehrt.
In Berlin erhalten (bei einer Wahlbeteiligung von 38,6 Prozent [1999: 39,9 Prozent]): CDU 26,4 Prozent (1999: 35,0 Prozent), GRÜNE 22,8 Prozent (1999: 12,5 Prozent), SPD 19,2 Prozent (1999: 26,7 Prozent), PDS 14,4 Prozent (1999: 16,7 Prozent) und FDP 5,3 Prozent (1999: 2,4 Prozent).

2006

Das Premierenspiel der 18. Fußballweltmeisterschaft im Berliner Olympiastadion ist das erste WM-Spiel in Berlin seit 32 Jahren. Brasilien siegt über Kroatien mit 1 : 0 (1 : 0).
Die WM wurde am 9. Juni von Bundespräsident Horst Köhler in München eröffnet.

2008

Der seit November 2006 geschlossene Autobahntunnel unter dem Flughafen Tegel wird wieder geöffnet. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten zeigt sich der 1979 eröffnete Tunnel nicht nur in frischem Glanz, er entspricht auch den neuesten Sicherheitsstandards.

2017

Nach einer Feuerattacke gegen einen schlafenden Obdachlosen am 25. Dezember 2016 im U-Bahnhof Schönleinstraße in Kreuzberg, die bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat, fallen die Urteile des Landgerichts Berlin gegen sechs angeklagte junge Männer, Flüchtlinge aus Syrien und Libyen. Der Haupttäter wird wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, drei Mitangeklagte erhalten wegen Beihilfe Jugendstrafen von jeweils acht Monaten Haft auf Bewährung. Zwei weitere Angeklagte bekommen wegen unterlassener Hilfeleistung jeweils vier Wochen Arrest und müssen gemeinnützige Arbeit leisten.
Ein siebter Mitangeklagter ist bereits am 16. Mai wegen unterlassener Hilfeleistung zu zwei Wochen Jugendarrest verurteilt worden und muss Freizeitarbeit ableisten.

2021

Gedenken anlässlich des 85. Jahrestags der Verschleppung der Berliner Sinti und Roma in das NS-Zwangslager Marzahn: Auf dem Parkfriedhof Marzahn findet eine Gedenkveranstaltung der Gedenkstätte Zwangslager Berlin-Marzahn e. V. sowie des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg e. V. statt, an der auch Kultursenator Klaus Lederer teilnimmt.

2022

Der Berliner Frauenpreis, mit dem seit 1987 Berlinerinnen ausgezeichnet werden, die sich mit besonderem Engagement und zukunftsweisend für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzen, wird in diesem Jahr an PD Dr. med. Mandy Mangler für innovative Aufklärung zur Gesundheit von Frauen und Mädchen und mehr Gleichberechtigung in der Medizin verliehen. Sie ist seit 2016 Chefärztin der Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin im Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum und leitet seit 2021 in Form einer Doppelspitze die Klinik für Gynäkologie des Vivantes Klinikums Neukölln. Sie ist am Tagesspiegel-Podcast »Gyncast« über gynäkologische Themen beteiligt und setzt sich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Die Preisverleihung wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie vom März in den Juni verschoben.


Zitierform: Berlin - Chronik. Online-Version : Hrsg. vom Landesarchiv Berlin. - URL: http://www.landesarchiv-berlin-chronik.de (Stand: 13.06.2025)